Süditaliens antike Hipster-Rebe

Vigneti Reale

Das fabelhafte apulische Brudergespann Amedeo und Damiano Reale hat den antiken Malvasia mal eben in die Jetztzeit gebeamt. Da steht er nun, umwerfend attraktiv in Weiß, Rot und Rosé!

Gott steht nicht mit dem Knüppel hinter Dir, sondern mit einem Glas Malvasier vor Dir. So predigte Martin Luther. Was für ein Kompliment für einen Wein! Luther war nicht der einzige Bewunderer des Malvasia. Seit der Antike genießen die – ursprünglich vom namensgebenden, griechischen Hafen Monemvasia aus verschifften – Weine Kultstatus. Die Sache hat nur einen Haken: All die hochgerühmten Malvasia (es gibt weltweit rund 100 Varianten!) sind Süßweine. Da diese Weinspezies in der heutigen Genusslandschaft nicht gerade hoch im Kurs steht, droht dem Malvasia das Schicksal einer kulinarischen Randexistenz. Aber es geht auch anders!

In erlebt der Malvasia derzeit eine eindrucksvolle Wiedergeburt. Es sind Winzer wie Amedeo und Damiano Reale vom Weingut Vigneti Reale, die den antiken Schutt beiseite räumen und dem Malvasia ein neues, verdammt attraktives, weil trockenes Geschmacksprofil verpassen.

In gilt Malvasia derzeit als Hipster unter den Weinen. Hierzulande, darauf schließen wir gerne Wetten ab, bald auch. Es liegt im Wesen des Hipsters, sich von den anderen zu unterscheiden. Das gelingt vor allem dem Malvasia Bianco problemlos. Mit ihm läuft niemand Gefahr, sich mit den alten, rieslingsauren Weinsäcken (also z.B. mir) gemein zu machen. Der Malvasia Bianco hat ausgeprägte florale Duftnoten nach Akazien und gelben Blüten, eine angenehme Fruchtsüße und feine Mandelaromen. Hier haben die Reale-Brüder einen animierenden Aperitif kreiert, der diversen hochgehandelten Mixgetränken locker den Rang abläuft. Beim Malvasia Nera di Lecce, also der roten apulischen Variante, geht es weniger ums Unterscheiden als vielmehr um Abwechslung.

Die beliebteste rote Rebsorte Süditaliens ist zweifellos der . Doch dessen lammfellweiche Tannine sind im Hochsommer gelegentlich zu warm für den Gaumen. Hier bietet sich der Malvasia Nera als willkommene Alternative an. Auch der verwöhnt mit Kräuterwürze, dunklen Beeren und Sanftmut – nur eben ohne Pelz. Letzteres gilt natürlich umso mehr für den kräuterfruchtigen Rosé, den die Reales ebenfalls aus der Rebsorte Malvasia Nera di Lecce erzeugen. Mit einem Glas Malvasia in der Hand macht es in jedem Fall Freude, auf Andere zuzugehen. Und wer weiß, vielleicht springt ja tatsächlich ein göttlicher Funke über.

Gotthard Scholz
(WEIN NEWS Juli 2017)