Aufgrund unserer Inventur kann sich die Lieferung etwas verzögern.
Verschiedene Weinsorten in edlen Gläsern präsentiert

Der rosa Stand der Dinge

Eine Farbe erfindet sich neu und europäische Top-Winzer eröffnen sich rosa Perspektiven. Vier faszinierende Entdeckungen geben so etwas wie einen Bericht zur Lage des Rosé.

Nichts bewegt die Weinwelt derzeit so wie die Farbe Pink. Die gesamte Winzerelite arbeitet daran, den auf ein neues Level zu heben und die Weine mit dem zu versehen, was bei Weiß und Rot als selbstverständlich gilt: Sortencharakter, Terroir und natürlich Spitzenqualität. Aber wie soll er denn schmecken, der typisch italienische Rosato oder der deutsche Rosé? Unsere Neuentdeckungen aus vier europäischen Spitzenregionen geben eindrucksvoll Antwort.

Frucht und Sanftmut – mit diesem Geschmacksbild haben Erfolgsgeschichte geschrieben. Klar, dass die Iberer dieses Rezept auf ihre Rosados übertragen. Kaum eine Rebsorte bringt Frucht und Sanftmut als Rosé so perfekt zum Ausdruck wie die Prieto Picudo. Nie gehört, sagen Sie? Wir auch nicht – aber wir haben uns schlau gemacht. Die Prieto Picudo ist die einzige rote Rebsorte Spaniens neben dem , die in den letzten Jahren ihre Rebfläche im bedeutenden Umfang ausdehnen konnte. Die Kernzone findet sich auf den Hochebenen der Provinz Zamora unweit der portugiesischen Grenze. Pionier und Spitzenwinzer dieser Traube ist Julio Otero, dessen Familie sie einst vorm Aussterben bewahrte. "Die Prieto Picudo", erklärt er den kometenhaften Aufstieg, "hat alles, was einen spanischen Rosado auszeichnet: eine opulente Waldbeerenfrucht, einen kompakten Körper und einen Schuss belebender Säure." Der "Capricho" von den Bodegas Otero ist für uns der spannendste spanische Rosado der Saison.

Auch die Italiener denken ihren Rosato vom Rotwein her, weshalb vielen dieser Gewächse leider eine gewisse Behäbigkeit anhaftet. Dass es auch anders geht, zeigt das Weingut Muròla aus den mittelitalienischen . Dessen "Millerose" besteht zu hundert Prozent aus der Rebsorte . "Ein Rosato muss das Wesen der roten Rebsorte auf den Punkt bringen", sagt Winzer Jurek Bonati-Mosiewicz. "Und das Herz des Sangiovese ist nun mal die knackige Kirsche." Bonati-Mosiewicz gewinnt die Trauben für seinen Millerose aus der Vorselektion seiner Top-Rotweine – entsprechend rar ist der Wein. Es bedurfte all unserer Überzeugungskunst, dem Weingut dieses erstklassige Gewächs zu einem balkonfreundlichen Preis zu entlocken.

"Für mich ist ein Rosé vom Typ her ein , in dessen Aromenmix sich rote Beeren finden", beschreibt Nicolas Michel vom rheinhessischen Schlossmühlenhof eine Herangehensweise, die er mit den meisten jungen deutschen Winzern teilt. Michel behandelt seine für Rosé vorgesehenen Stöcke bereits im Weinberg wie weiße Reben. Darum findet sich in seiner "Cuvée Classique" alles, was deutsche Weißweine so einzigartig macht: das Süße-Säure-Spiel, die brillante Frucht, die Mineralik – wunderbar ergänzt allerdings um feinste Johannisbeer- und Erdbeeraromen.

In Frankreich, dem Mutterland des Rosé, ticken die Uhren ja seit jeher anders. Die Franzosen definieren die Farbe Pink über das Terroir – und über das Essen! Für die kräuterwürzige mediterrane Fischküche oder das geliebte Hühnchen in Estragon sind Weiße zu leicht und Rote zu schwer. Diese kulinarische Lücke schließt der Rosé. Als überzeugter Franzose tut er dies weniger durch die Frucht, als vielmehr durch seine mineralische Substanz, die bei den vollständig trockenen Weinen geschmacklich klar hervortritt. Der Domaine de la Grange aus dem südfranzösischen ist ein Musterknabe seiner Gattung. Die kalkhaltigen Böden geben dem Wein mächtig Druck mit auf den Weg und polieren die Himbeeraromen wunderbar heraus.

Aus der tiefen Überzeugung, dass jede und jeder von Ihnen sich über den rosa Stand der Dinge informieren sollte, haben wir aus den vier Rosés ein pädagogisch ebenso wertvolles wie günstiges Paket geschnürt. Den damit verbundenen Margenverlust sehen wir als Zukunftsinvestition in Ihre Genussbildung.

Gotthard Scholz

(WEIN NEWS Juni 2015)