Widrige Natur, kluge Menschen

Die Bodegas Coviñas zeigen wie sich ein Standortnachteil in wunderbaren Wein verwandelt. Warum schimpfen bloß so viele über die EU?

So etwa 60 Kilometer westlich von Valencia ist – sagen wir es mal ganz vorsichtig – nicht allzu viel los. Der steinige Boden wälzt sich ein wenig im Staub. Die Sommer-Temperaturen zwischen 35 und 40 Grad laden weder Wanderer noch Radtouristen sonderlich ein. Liebhaber des Campings fürchten dagegen die nicht seltene Nachtabkühlung auf 13°C.

Ganz anders die Weinreben! In den Bergen auf etwa 600 bis 700 Metern Höhe tanken sie tags richtig voll, um sich nachts zu erholen. Kluge Menschen wissen, dass dieser Tag- Nacht-Unterschied bei den Trauben zur besonders intensiven Ausprägung der Aromen führt. Und die Winzergenossenschaft Coviñas ist voller kluger Menschen!

Der Önologe Antonio Ramos beispielsweise hat den Überblick über mehr als 10.000 Hektar Wein: "Jedes Jahr können wir aus den besten Lagen die besten Trauben aussuchen, um unsere Weine herzustellen – da ist Größe wirklich ein Vorteil", sagt er nicht ohne Stolz. Und weil auch bei der EU in Brüssel kluge Menschen sitzen, haben nicht zuletzt großzügige Fördergelder hier im strukturschwachen Utiel-Requena zu einer der modernsten und bestausgestatteten Kellereien Europas geführt.

Und plötzlich ist eine Region, die sonst "unter dem Radar" verschwindet im Vorteil: Mit sehr guten Qualitäten zu Preisen, die den Weingenießern Tränen der Rührung in Augen treiben.

Wendelin Niedlich
(WEIN NEWS Oktober 2018)