Pisa und Maremma: Die andere Toskana

Valdonica und Poggio Nicchiaia

"Die größte Konkurrenz der Toskana? Die Toskana!"

Klar, die toskanischen Platzhirsche heißen Chianti und Brunello. Doch etliche der spannendsten Innovationen stammen von Weingütern abseits der Touristenrouten. Neben der roten Sangiovesetraube ist es vor allem eine brillante Weißweinrebe, die immer mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht: Der Vermentino.

Die Region, die in den letzten Jahren mit atemberaubenden Tropfen Furore machte, ist die Maremma. Wenn noch gen Mitte des 20. Jahrhunderts den jemand prophezeit hätte, dass hier dermaleinst ihre spannendsten Weine entstehen würden, hätten diese den Propheten unisono für verrückt erklärt: Galt doch die südliche Toskana bis zu ihrer Entwässerung als üble Sumpflandschaft und Hort von Malaria, Siechtum und Tod. Erst 1944 pflanzte Marchese Incisio della Rocca die ersten Reben für einen Wein, der ab den 1980er Jahren unter dem Namen Sassicaia zu Ansehen gelangte.

Heute ist es das biodynamische Weingut Valdonica, das für internationales Aufsehen sorgt. Als der österreichische Mediziner Martin Kerres auf der Suche nach einem Sommerhäuschen hierher kam, war Valdonica zwar ein traumhaftes Plätzchen – aber sonst nur ein abgewirtschaftetes Gut mit 80 Hektar Land.

Kerres ließ zehn Hektar Reben pflanzen und folgte von Anfang an der Vision, die besten Vermentino und Sangiovese der Maremma zu produzieren. Diesem Ziel ist er schon recht nahe gekommen. Die Weinberge sind mit 450 Meter über dem Meeresspiegel die höchstgelegenen der Region. Die neun unterschiedlichen, optimal an den jeweiligen Standort angepassten - und Vermentino-Reben werden auf jungfräulichen Böden biologisch-organisch angebaut. Alle Weine werden von Hand gelesen, die Trauben werden spontanvergoren und in kleinen Bottichen nach Lagen sortiert ausgebaut. Wer heute den spannungsreichen, vor Leben vibrierenden Mersino und den tiefgründigen, burgundischwürzigen Arnaio probiert, weiß, dass all diese Mühe sich gelohnt hat.

Ein Umsteiger ist auch der beseelte Spitzenwinzer Fabio Durante, der lange in großen Weinbetrieben gearbeitet und sich mit der Gründung des Weingutes Poggio Nicchiaia in einer der schönsten Naturlandschaften Italiens seinen Lebenstraum erfüllt hat. Und das auf höchstem Niveau. Schon der Keller ist mit allem ausgestattet was es braucht, um geradlinige, kristallklare Weine zu produzieren.

Vor allem aber sind es die kalkhaltigen Böden rund um Pisa, die den Trauben exzellente Voraussetzungen bieten. So nimmt es nicht wunder, dass Fabio hier einen der strahlendsten und präzisesten Vermentinos Italiens erschaffen konnte – viel Spaß damit!

Gerd Rindchen
WEIN NEWS Oktober 2019