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Die Wahrheit über Prosecco, Sekt, Crémant & Co.

Sie perlen, sie prickeln, sie bringen uns zum Lächeln – Schaumweine sind immer ein kleines Fest im Glas. Und doch zeigt jeder seine ganz eigene Persönlichkeit. Mal verspielt und frisch, mal elegant und tiefgründig. Was macht den Unterschied? Zum einen natürlich die Trauben. Noch entscheidender aber ist, wie die feinen Perlen in den Wein gelangen. Von einer schnellen Veredelung bis hin zur jahrelangen Reife – die Kunst der Herstellung verleiht jedem Schaumwein seinen besonderen Charakter.

Das Ausgangsprodukt: Wein

Alle Prickler sind eine Veredelung von Wein. In der Fachsprache reden wir von den Grundweinen. Je besser – also aromatischer, mineralischer, intensiver – der Grundwein, desto feiner der Sekt. Doch gibt es gravierende Unterschiede zum Stillwein. Ein kräftiger, strukturstarker Wein, der uns als Stillwein begeistert, wirkt als Schaumwein schnell zu schwerfällig. Die Grundweine werden daher als erste geerntet, wenn die Trauben noch nicht voll ausgereift sind. Dann haben sie die Frische, die lebendige Säurestruktur und den moderaten Alkoholgehalt, die für einen Schaumwein notwendig sind. Die Grundweine werden komplett durchgegoren, sind also sehr trocken, klar, mineralisch und frisch – und entfalten ihr Potenzial erst durch die Veredelung zum prickelnden Genuss. In den einfachsten Qualitäten gelten andere Gesetze.

Drei Wege für die Perlen in den Wein

Die einfachste Methode der Schaumweinerzeugung ist die Fahrt zur Mineralwasserabfüllanlage. Da wird der Wein mit Kohlensäure versetzt – unkompliziert und schnell. Der Grundwein bringt hier, anders als eben beschrieben, all seine Geschmackseigenschaften schon mit. Solche Schaumweine finden sich vor allem im Einstiegssegment.

Alle hochwertigeren Schaumweine durchlaufen eine zweite Gärung. Dem Grundwein wird hierfür Traubenmost und Hefe zugesetzt und die dabei entstehende natürliche Gärkohlensäure im Wein gebunden. Dies geschieht zumeist in doppelwandigen Drucktanks. Dieser zweite Weg der Schaumweinerzeugung wird nach einem ihrer Erfinder Méthode Charmat genannt.

Als Königsweg gilt die Flaschengärung. Hierbei findet die zweite Gärung höchst individuell in Einzelflaschen statt. Erfunden wurde dieses Verfahren in der Champagne, entsprechend nennt man es in der Region Méthode Champenois. Andernorts heißt es auch „Klassisches Verfahren“ oder „Metodo Classico“. Berühmte Schaumweine wie ChampagnerCrémant, Franciacorta und Cava werden ausschließlich im klassischen Verfahren hergestellt.

Die Süßegrade: Brut Nature, Brut, Extra-Dry, Dry

Nach Abschluss der zweiten Gärung sind Schaumweine komplett durchgegoren, d.h. der Zuckergehalt liegt bei wenigen Gramm pro Liter. Belässt man sie so, steht Extra Brut oder Brut Nature auf dem Etikett, was sehr selten ist. Allen anderen Schaumweinen wird eine sogenannte Dosage, also konzentrierter Traubenmost, zum Süßen zugefügt. Brut bedeutet dabei maximal 12 Gramm pro Liter, Extra-Dry bis 17 Gramm, Dry bis 32 Gramm. Was sich also beim Schaumwein „trocken“ nennt, wäre bei Stillweinen lieblich.

Der Unterschied zwischen Perlwein und Sekt

Was macht einen Schaumwein zum Sekt? Zum einen darf ihm die Kohlensäure nicht künstlich zugeführt werden, er muss also eine zweite Gärung durchlaufen. Die zweite Bedingung ist physikalischer Natur: Der atmosphärische Druck, den seine Kohlensäure erzeugt, muss bei Sekt mindestens 3 Bar betragen. In Deutschland unterscheidet man so Perlwein vom Sekt, in Italien den Frizzante vom Spumante. Bei hochwertigen Schaumweinen liegt der Druck deutlich höher. Ein Champagner hat beispielsweise einen Druck von mindestens 6 Bar.

Komplex: Die Flaschengärung

Beim Flaschengärverfahren durchlaufen die Grundweine nach Zugabe von Hefe und Traubenkonzentrat eine zweite Gärung in der geschlossenen Flasche. Je länger der Wein auf der Hefe liegt, desto feiner, dichter und „cremiger“ wird das sogenannte Mousseux im Mund – von mousser: schäumen - und je feiner und hübscher sieht die Perlage im Glas aus. Während der Flaschenreife nimmt der Schaumwein aromatisch auch hefige Noten an, gern beschrieben als Brotrinde oder Brioche. Die Hefe wird regelmäßig aufgerüttelt, damit sie maximalen Kontakt mit dem Wein hat, aber auch, damit sie nicht am Glas festklebt. Die Reifezeit liegt bei minimal neun Monaten, kann aber auch 48 Monate und länger dauern. Zum Schluss müssen die Hefereste wieder raus aus der Flasche. Dafür werden die Flaschen gestülpt, damit die Hefe sich im Hals absetzt, und dann „degorgiert“. Früher mit einer schwungvollen Bewegung, heute nach Vereisen des Hals durch Entfernen des Pfropfens.

Die bekanntest Namen: Prosecco, Cava, Crémant, Champagner

Prosecco ist nicht das italienische Wort für Sekt, sondern eine geschützte Herkunftsbezeichnung für eine Region im norditalienischen Veneto. Es gibt Prosecco zwar auch als „Spumante“, also Sekt, in aller Regel trinken wir ihn jedoch als „Frizzante“, also Perlwein. Prosecco Frizzante wird aus der Rebsorte Glera erzeugt und durchläuft zwingend eine zweite Gärung im Drucktank.

Cava ist auch eine Herkunftsbezeichnung, in diesem Fall für Sekte aus dem spanischen Katalonien (mit wenigen Ausnahmen). Cava muss zwingend 9 Monate Flaschengärung absolvieren.

Crémant hatte sich zunächst als Name für flaschengereifte Schaumweine aus Frankreich durchgesetzt, darf aber nach EU-Recht mittlerweile auch in Deutschland verwendet werden. Die Flaschengärung dauert mindestens 9 Monate. Die bekanntesten Appellationen, also geschützten Herkunftsbezeichnungen, sind Crémant de Loire, Crémant d’Alsace, Crémant de Bourgogne und Crémant de Limoux.
 
Champagner sind flaschengereifte Schaumweine aus der französischen Champagne. Zum Qualitätsstatut der geschützten Herkunftsbezeichnung gehören ein Druck von mindestens 6 Bar und eine Flaschengärung von mindestens 15 Monaten.

Weinwissen für Nerds: Die Méthode Rural oder Pét Nat

Die ursprünglichste Art der Schaumweinerzeugung ist, bereits bei der ersten Gärung der Grundweine die traubeneigene Gärkohlensäure im Wein einzufangen. Weil das früher in unbeabsichtigter Weise durch sogenanntes Nachgären geschah, nennt man dieses Verfahren rural – also bäuerlich. Sie kontrolliert einzusetzen, ist allerdings äußerst anspruchsvoll. An einem bestimmten Punkt der Gärung wird der Tank geschlossen, damit die Kohlensäure nicht mehr entweicht. Wer nicht extrem sauber arbeitet, erhält wahlweise instabilen Federweißen oder ein unangenehm riechendes Getränk. Meister dieser Methode finden sich traditionell unter den Lambrusco-Erzeugern (nicht die aus dem Supermarkt!) oder Moscato d‘Asti-Winzern. In der Naturweinbewegung erfreuen sich diese kurz Péd Nat genannten Weine als naturtrübe Schaumweine wachsender Beliebtheit.