Die Talente des Axel N.

Weingut Neiss

Von einem, der seine Karriere mit einem Erdbeben anfing und sich seitdem steigert.

Von einem, der seine Karriere mit einem Erdbeben anfing und sich seitdem steigert. Als Axel Neiss in Kindenheim mit dem Weinmachen begann, packten Südpfälzer selbst im Sommer noch Schal und Mütze ein, wenn sie in die Nordpfalz fuhren. Hoch, kalt und windig war es da in den Weinbergen, und die Reben standen auf allerkargsten Kalkböden. "Kannste vergessen", lautete das einhellige Urteil. Davon ließ sich der junge Mann jedoch nicht beirren.

Ihm zur Seite sprang der Klimawandel, der die physiologische Traubenreife in den Neiss'schen Weinbergen zwar nicht zum Selbstläufer, für einen gut ausgebildeten Winzer aber möglich macht. Der zweite glückliche Umstand war, dass viele Weintrinker genug hatten von der überladenen Gemütlichkeit damaliger Pfälzer Weine. Da kam dieser junge Wilde aus dem Norden mit seinen knackigen, geschliffenen, fruchtstrotzenden Gewächsen gerade recht. Axel Neiss wurde daraufhin von den Medien als einer der ersten Popstars des Weins gefeiert, und hat sich dagegen auch nicht gewehrt.

So ein Popstar-Image ist hartnäckig – wir müssen uns da an die eigene Nase fassen und zugeben, Axel Neiss noch als junges, hippes Spitzentalent vermarktet zu haben, als der die vierzig bereits im Blick hatte. Doch Axel Neiss ging und geht es im Kern nicht um Pop, sondern um Wein. Er ist ein verdammt ehrgeiziger und brillanter Winzer, der ein immer tieferes Verständnis seines Kindenheimer Terroirs entwickelt und darum auch Jahr um Jahr bessere, weil vielschichtigere Weine macht. Die Zeitschrift DER FEINSCHMECKER hat Ende letzten Jahres in den handverlesenen Kreis der Vier-Sterne-Weingüter (genauer: FFFF also vier "Feinschmecker") erhoben. Was für eine Auszeichnung für einen Winzer, dem man vor gar nicht langer Zeit bestenfalls Landwein zugetraut hätte!

Drei Weine haben wir ausgewählt, die für uns das Phänomen Axel Neiss gaumenfällig erklären. Der Blanc de Noir steht für den innovativen Axel. Er war einer der ersten in , der aus dem Mostabzug seiner roten einen Weißwein kelterte – und wirkte damit stilbildend. Im "Grafenstück" zeigt sich der Terroir Axel. Kühle und Kalkmineralik, ungeschminkt eingefangen, ergeben einen flirrenden 2015er Riesling, der seine ganze Faszination erst jetzt, nach einem Jahr Reife erstrahlen lässt. Für den Herzblut Axel steht sein Bockenheim. Beste Lagen, ertragsschwache und kleinbeerige Klone, trockenes Geschmacksbild, der Wein zu 20% im Barrique vergoren: hier will einer wissen, zu was die Rebsorte Grauburgunder fähig ist. Und Sie? Sie wollen jetzt hoffentlich wissen, wozu Axel Neiss fähig ist.

Gotthard Scholz
(WEIN NEWS März 2017)