Verschiedene Weinsorten in edlen Gläsern präsentiert

Südamerika im Höhenflug

Die Top-Gewächse von Casa Silva, Las Moras und Atamisque

Keine Kirche ohne Messwein. Als vor rund 500 Jahren mit den Konquistadoren auch die ersten Geistlichen nach Lateinamerika kamen, sorgten sie sich als Allererstes um den Weinbau. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts strandete dann eine ganze Armada gut ausgebildeter Winzer in und . Aus Europa vertrieben von der verheerenden Reblausplage, fanden sie die bequemen Weinberge bereits belegt. Doch Bequemlichkeit war ohnehin nicht das Ziel der Pioniere. Sie zog es in die Hochlagen der Anden. Im oder in San Juan fanden sie das perfekte Terroir für die Edelreben, die sie im Gepäck hatten: Cabernet, , – wobei die beiden letzteren nach dem Wüten der Reblaus in Europa als ausgestorben galten. Warum wir das erzählen? Weil das Vorurteil, dass die traditionslosen Südamerikaner gerade mal gut sind für günstige Alltagsweine so verdammt borniert ist!

Im Jahr 1892 legte der aus St. Émilion stammende Emilio Bouchon im Valle de Colchagua den Grundstein für die Bodegas Casa Silva, Chiles Weingut des Jahres 2013. In fünfter Generation – Quinta Generación – verfügen die Silvas heute über ein einzigartiges Wissen um ihr Terroir und setzen es im gleichnamigen Wein in genialer Weise um. Auf allerhöchste Qualitätsgipfel steigt das Gut mit dem "Microterroir". Lagenweine sind in Chile – in allerbester Bordeaux-Tradition – unüblich. Casa Silva betritt hier absolutes Neuland. In der mit uralten Carménère-Reben bestockten Top-Lage Los Lingues wurden unter mikroklimatischen Gesichtspunkten nochmals die besten Parzellen ausgewählt.

Das Ergebnis dieser minutiösen Arbeit ist schlicht eine Offenbarung in Eleganz, Konzentration und Tiefe.

Wechseln wir die Andenseite und kommen zu Las Moras, Argentiniens Weingut des Jahres 2008. Dessen gaumenstreichelnde Rotweine waren stilbildend für die "Latin-Love" von der die ganze Weinwelt erfasst wurde. Ein Prachtexemplar ist der / aus der Top-Linie Black Label, den wir hiermit wärmstens empfehlen.

Dass zunächst nicht alle Regionen von dieser Euphorie profitierten, zeigte sich im Valle de Uco. Das liegt in 1300 Meter Höhe und hat eine lange Weintradition. "Unser gemäßigtes Klima schenkt den Weinen Finesse und Mineralität", sagt Philippe Caraguel, Chefönologe vom Weingut Atamisque. Doch diese "coole" Stilistik war nicht sonderlich geschätzt zu Beginn des Gaucho-Wein-Booms.

Der fand 500 Meter tiefer in Mendoza mit weichen Hot-Climate-Weinen statt. Das Valle de Uco hingegen geriet ins Abseits. Rebfl ächen wurden großfl ächig gerodet. Die Renaissance des Tals wird seit einigen Jahren von einer neuen – der mittlerweile dritten – Pioniergeneration vorangetrieben, die Qualität nicht an der Breite, sondern der Tiefe eines Weins misst. Atamisque gehört dazu, trotz anfänglicher Zweifel: "Ich war unsicher, ob Liebhaber argentinischer Weine ein solch virtuoses Ge wächs wie unsere Catalpa Assemblage akzeptieren", bekennt Caraguel. Da hat sich der Mann zum Glück getäuscht.

Sollten Sie also nach Rotweinen suchen, deren Schönheit sie an langen Herbstabenden immer tiefer in Ihrem Lieblingssessel versinken lässt – wir hätten da was für Sie!

Gotthard Scholz

(WEIN NEWS November 2014)