Grüne Trauben im Morgenrot

Weingut Schlossmühlenhof

Grüne Trauben im Morgenrot

Nicolas Michel kann aus dem Vollen schöpfen. Bis zu 300 Meter hoch liegen seine Lagen mit den vielgerühmten Kalksteinböden von Kettenheim. Ein Traum für feingliedrigen Burgunder und knackigen. Darum konzentriert sich der Winzer vom Schlossmühlenhof in seiner Arbeit auch auf den Ort, wo sein Know-how den höchsten qualitativen Output zeitigt: den Weinberg. Hier schafft er die Basis, um im Keller neue Wege zu gehen wie mit seinem zart lachsroten Grauburgunder "Morgenrot". Alle Kraft stammt ausschließlich aus dem hocharomatischen Traubengut.

"Bei gelben Trauben werde ich immer nervös." Nicolas Michel im Interview

Nicolas, deine Eltern haben das Weingut groß gemacht mit dem zollfreien Weinverkauf auf der Fährlinie Travemünde – Trelleborg.
Das war eine geniale Geschäftsidee.

Und du versuchst es jetzt mit rosa gefärbtem Grauburgunder?
Auch nicht schlecht, oder? Aber bevor das noch jemand glaubt: ist von Natur aus hellrot. Den "Morgenrot" lasse ich einige Tage auf den Schalen angären, bevor ich den Most abpresse. Aus der Beerenhaut werden so neben der Farbe auch Phenole und Aromen ausgelöst. Das schmeckt schon nussiger, weniger lapidar und kompakter.

Das sagt jemand, der für seine finessenreichen Weine gerühmt wird?
Die Gegend um Kettenheim heißt nicht umsonst der "Kühle Grund". Hier oben werden die Weine, negativ gesagt, schlanker oder, positiv formuliert, fi ligraner. Ehrlich gesagt mag ich diesen Weinstil persönlich auch lieber. Gerade in trockenen Jahrgängen wie 2020 braucht es viel Arbeit im Weinberg, um das Frische und Kühle in den Trauben zu bewahren. Da kämpfst du gegen den Klimawandel an.

Apropos frisch: Deinen Sauvignon Blanc finde ich schlicht herausragend.
Danke! Es war meine Mutter, die vor zwanzig Jahren auf Sauvignon gedrängt hat – da war der hierzulande gerade erlaubt. Mein Schlüsselerlebnis war der allererste Jahrgang. Wir hatten Dauerregen und mussten wegen drohender Fäulnis ganz früh ernten. Eigentlich katastrophal, doch das knackig-grüne in diesem Wein liegt mir heute noch auf der Zunge. Seitdem werde ich immer nervös, wenn ich im Weinberg gelbe Sauvignon Blanc-Trauben sehe. Ginge es nach mir, sollten die bei der Ernte noch knallgrün sein. Aber für die Balance lasse ich immer einige Parzellen länger reifen.

Wie war das letzte Jahr für dich als Winzer? Ruhig?
Was Kundenkontakt, Feste oder Messen angeht – klar. Aber zwei kleine Töchter halten gut auf Trab. Die Ältere steht um halb sechs auf der Matte, das ist ja auch meine Zeit. Da nehme ich sie mit in den Weinkeller und wenn der Kindergarten zu ist, wuselt sie mir den ganzen Tag um die Beine. Ruhig ist das nicht. Aber schön.

—  Interview: Gotthard Scholz
(WEIN NEWS April 2021)