
Das schmelzige Burgunderwunder
Winzerfamilie Flick
Weingut Wernersbach
Weingut Hilz
Weingut Fogt
Noch vor wenigen Jahren dachte jeder bei "Burgunder" an Frankreich. Doch die Familie ist groß und vielfältig: Grau- und Weißburgunder, Auxerrois, natürlich auch: Chardonnay. Und längst sind diese wunderbaren Reben auch bei uns zuhause.
Die Frage "Wo stammen die Burgunderreben eigentlich her?" ersparen Sie uns bitte. Da können Sie ja gleich fragen, wo Camelot lag und die Tafelrunde tagte. Herausgeprokelt haben die Ampelographen ("Beschreiber der Rebsorten"), dass der Burgunder-Urvater "Pinot" irgendwo zwischen Genfer See und Rhône seinen Ursprung hatte. Das muss genügen. Und dann ging es auch schon los – die Weinrebe war schon immer reiselustig und ging auf Europatournee: Grauburgunder, Pinot Grigio, Pinot Gris oder Weißburgunder, Pinot Bianco, Pinot Blanc. Der urfranzösische Chardonnay ("Burgunder!") wurde sogar zum Weltbürger, der auf allen Erdteilen zuhause ist. Nur der etwas eigen-sinnige Auxerrois beharrt auf korrekte heimatliche Aussprache: Sag Sie zehnmal "Oßeroa" und atmen dabei viel Luft aus – beim elften Mal wird’s leichter. Haben schon ganz andere hinbekommen, zum Beispiel…
Klaus Hilz: Spür das Glück
"Richtig kalt wird es in der Pfalz sowieso nicht." Der das sagt, muss es wissen: Winzer Klaus Hilz führt das gleichnamige Weingut jetzt in dritter Generation und er betont stets das milde und regenarme Wetter seines Heimatortes Dirmstein. Ein besonderes Wohlfühlklima, vor allem für die Burgunderreben.Die Erträge sind nicht groß, aber das ist auch völlig unwichtig: "Es zählt nur Qualität, Qualität, Qualität", sagt Hilz bestimmt, der das Hauptaugenmerk seiner Tätigkeit im Weinberg sieht und die Trauben selbstverständlich mit der Hand erntet. Auch die Voraussetzungen der Natur stimmen: Die Trauben wachsen auf einem Lösslehmboden mit Kieselanteil. "Das sorgt für intensive Frucht und Fülle", sagt Hilz, und ergänzt selbstbewusst: "Diese Böden gibt es auch in Baden, aber ganz ehrlich: Wir brauchen uns in der Pfalz nicht zu verstecken." Der schönste Moment im Winzerjahr ist für Klaus Hilz übrigens nicht – was man vielleicht erwarten könnte – der Sonnenaufgang im Weinberg, sondern die ersten Proben des gärenden Weins im Keller: "Weil wir da erstmals spüren: Es ist geglückt – der Lohn für ein ganzes Jahr harter Arbeit."
Stephan Wernersbach: Bass! Wir brauchen Bass!
Dieser Winzer, der eigentlich Chorleiter und Bassbariton ist und beim Bistum Mainz jahrelang Kirchenmusik studierte, schafft es auch in seinen Weinen, eine ganz eigene Brillanz und einen sinnlich-lockenden Spannungsbogen aufzubauen. Basis dafür sind extrem karge Kalksteinlagen, auf denen Stephan zwar nur minimale Erträge generiert, dafür aber ungemein ausdrucksstarke Weine gewinnt. "Unsere Lagen sind so karg, dass ein neu gepflanzter Rebstock nicht die üblichen drei Jahre, sondern eher fünf bis sechs Jahre braucht, bis wir das erste Mal Trauben ernten können", erzählt er. Straffheit, Klarheit, bisweilen sogar eine leichte, ungemein animierende Salzigkeit sind Merkmale seiner Weine.
Georg Fogt: Introvertierte Kante
Manche Weinbauern eignen sich hervorragend als Showstars – andere werkeln lieber still im Hintergrund und beschränken sich darauf, hervorragende Weine zu erzeugen. Zu letzteren zählt zweifelsohne Georg Fogt. Der überaus kompetente Jungwinzer hat mit seinem Vater Karl-Heinz zusammen den Betrieb in den letzten Jahren mit zäher Beharrlichkeit in die rheinhessische Spitzengruppe geführt. Blitzblanke, terroirgeprägte Weine mit ausgeprägter Rebsortentypizität, Ecken, Kanten und Charakter, geschliffen und klar vinifiziert, offenbaren das enorme Potenzial des Gutes.
Familienweingut Flick: Jugend forscht
Die Geschwister Katharina und Alexander Flick aus Bechtolsheim zählen zu den aufregendsten Winzertalenten Rheinhessens. Der jugendliche Elan ist an allen Ecken und Kanten spürbar, zum Beispiel im Statement Alexanders: "Ich liebe meinen Job. Winzer ist ein geiler Beruf!" Auf den Weinflaschen findet man häufig Vornamen statt Lagennamen, weil sich die Macher gut und gerne einbringen und sich identifizieren. Katharina ist es dennoch wichtig, "dass die Traditionen der Älteren gewahrt werden, aber mit modernen Methoden verknüpft." An vier Orten wurden 10 Rebsorten auf insgesamt nur 20 Hektar genau dorthin gepflanzt, wo sie am besten gedeihen und ihr ureigenes Terroir widerspiegeln.
Wendelin Niedlich
(WEIN NEWS Oktober 2014)