Weingut Kesselring

Interview Lukas Kesselring

Rindchen: Lukas, du hast 2025 deine ersten alkoholfreien Weine präsentiert, davon zwei "Heimspiele" exklusiv für Rindchen. Warum gerade jetzt?

Lukas Kesselring: Zunächst einmal wurde ich immer häufiger nach alkoholfreien Alternativen gefragt. Viele Kollegen kaufen deshalb einfach von großen Anbietern zu und pappen ihr Etikett drauf. Das ist nicht mein Weg. Ich will hinter meinen Produkten stehen. Technisch ist in den letzten Jahren bei der Entalkoholisierung viel passiert. Auch das Wissen, wie ich für einen guten alkoholfreien Wein schon im Weinberg arbeiten muss, ist heute größer. Die Weine sind deshalb für mich geschmacklich vertretbar geworden. Für mich persönlich auch ganz wichtig: Meine Weine sind biologisch. Aber erst seit 2025 dürfen alkoholfreie Weine ein Biosiegel tragen.

Rindchen: Entalkoholisierst Du selbst?

Lukas Kesselring: Nein, das lasse ich in Lohnarbeit machen. Die Anlagen zur Vakuumdestillation sind als Investition für einen einzelnen Winzer nicht zu stemmen. Bisher gibt es nur ganz wenige Anbieter, die sich den Markt aufteilen. Da treffen sich dann alle.

Rindchen: Kannst Du das Verfahren kurz beschreiben?

Lukas Kesselring: Die Vakuumverdampfung funktioniert wie Grappa-Brennen. Nur unter umgekehrten Vorzeichen. Ein Brenner möchte, dass beim Destillieren möglichst viele Aromen zusammen mit dem Alkohol entweichen – weil die den Geschmack geben. Wir wollen aus dem gleichen Grund, dass die Aromen im Wein bleiben, also nicht verdampfen. Im Vakuum verflüchtigt sich Alkohol schon bei 30-40 ° Celsius. Bei diesen Temperaturen bleiben die meisten Aromen im Wein erhalten.

Rindchen: Du sagtest, dass Du deine alkoholfreien Weine schon im Weinberg erzeugst?

Lukas Kesselring: Richtig. Normalerweise geht es ja beim Wein um das richtige Verhältnis von Aroma und Körper. Körper – also Fülle, Schmelz, Mundgefühl – hängt viel am Alkohol. Den muss ich aber jetzt wegdenken. Beim alkoholfreien Wein gehe ich im Weinberg voll auf die Primäraromen. Also wähle ich keine Reben auf fetten Böden, sondern die Bundsandsteinlagen. Die bringen schlanke Weine mit hoher Fruchtigkeit. Der Lesezeitpunkt ist früher, damit die Trauben frischer schmecken und nicht so viel Alkohol entwickeln. Je weniger Alkohol dem Wein entzogen werden muss, desto besser – denn die Technik setzt den Wein echt unter Stress.

Rindchen: Gibt es auch im Keller Besonderheiten?

Lukas Kesselring: Ja. Die Aufgabe des Alkohols wird im alkoholfreien Wein von der Süße übernommen. Sie gibt Fülle. Darum stoppe ich die Gärung früher ab. Das ist eine Gradwanderung. Der typisch weinige Geschmack entsteht ja durch Gärung. Zu früh stoppen ist also nicht gut, zu lange Warten heißt Süßeverlust. Konkret haben die Weine bei mir nach der Gärung rund 20 Gramm Restsüße. Das ist für den Geschmack allerdings zu wenig, das wirkt nach der Entalkoholisierung doch recht herb. Für mich richtig fühlen sich Werte etwas über 30 Gramm pro Liter an. Dann ist die Fülle da, aber die Weine schmecken nicht süß. Darum gebe ich ganz zum Schluss noch Traubenmost aus meinen Weinbergen hinzu. Auch da ist mir eine eigene Handschrift wichtig. Soll ja wie ein richtiger Kesselring schmecken.

Rindchen: Du nennst als Rebsorte Pinot Grigio. Warum nicht Grauburgunder?

Lukas Kesselring: Das ist eine von den vielen widersinnigen rechtlichen Bestimmungen. Alkoholfreier Wein läuft nicht unter Weinrecht sondern gilt als Lebensmittel. Und da sind Herkunftsbezeichnungen nicht erlaubt. Also keine Lage, kein Ort, nicht mal Pfalz. Im Wort Grauburgunder steckt aber die Region Burgund, also eine Herkunft. Und darum darf es nicht auf dem Etikett stehen. Pinot Grigio, das italienische Wort für Grauburgunder, ist erlaubt. Wie gesagt: widersinnig. Obwohl bescheuert es besser trifft.

Rindchen: Mir geht es ähnlich bei Deinem "Entalkoholisierten Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure". Warum nicht einfach Sekt?

Lukas Kesselring: Klar, meine Kunden sprechen von alkoholfreiem Sekt. Das ist umgangssprachlich auch okay. Aber Sekt muss zwingend die eigene Gärkohlensäure enthalten. Die würde aber bei der Destillation verloren gehen. Darum gibt es keinen alkoholfreien Sekt, auch keinen flaschengereiften Crémant. Die Kohlensäure wird nachträglich zugesetzt. Dennoch überzeugen mich alkoholfreie Schaumweine oft mehr als die Stillweine. Der "Heimspiel" Sparkling bietet sehr viel cremiges Mundgefühl.

Rindchen: Zum Schluss noch eine Prognose: Wo geht es hin mit alkoholfreien Wein?

Lukas Kesselring: Da ist die Reise noch nicht zu Ende. Es gibt neue Verfahren zur Aromarückgewinnung. Aromen, die mit dem Alkohol entweichen, werden aufgefangen und dem Wein wieder zugegeben. Das macht die Weine besser, ist aber derzeit auch noch sehr teuer. Dann hoffe ich, dass wir bald die Herkunft der Weine aufs Etikett schreiben können. Die Verbraucher sollen auf einem Blick sehen, ob hinter dem Wein ein Winzer mit eigenen Weinbergen steht. Nur so haben sie die Chance, Qualitätsprodukte zu erkennen.

Alle Weine von Lukas Kesselring

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