Weine aus den USA

Intensive reife Fruchtaromen, warme würzige Noten und ein ausgesprochen optimistisches Mundgefühl, das niemals aneckt – mit diesen Eigenschaften haben Weine aus den USA weltweit eine große Fangemeinde erobert. Mehr noch: dieser vor allem in Kalifornien entwickelte und gepflegte Stil hat den Weingeschmack wie kein anderer international geprägt.
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Inhaltsverzeichnis

  1. USA: Die viertgrößte Weinbaunation
  2. Die erste Generation: Goldrausch und Zinfandel 
  3. Die wichtigsten US-Rebsorten: Cabernet Sauvignon, Merlot, Shiraz, Pinot Noir, Chardonnay
  4. Ritterschlag für US-Weine: The Paris Wine Tasting
  5. Der amerikanische Geschmack: Satte Frucht und wohlige Röstnoten
  6. Modell-Alternativen: Robert Mondavi und E&J Gallo
  7. Der Durchbruch des Hot-Climate-Wines aus den USA

USA: Die viertgrößte Weinbaunation

Die USA sind – hinter FrankreichItalien und Spanien - die viertgrößte Weinnation der Welt. Nach Zahlen der OIV (Internationale Organisation für Rebe und Wein) erstreckte sich die Rebfläche in 2020 über 400.000 Hektar, wovon rund 300 000 Hektar für den Weinbau genutzt werden – dreimal so viel wie in Deutschland. Der Löwenanteil der Reben von deutlich über 80 % an der Weinproduktion steht in Kalifornien. Mit Oregon und Washington liegen zwei weitere wichtige Weinstaaten an der Westküste. Nur 10 % der Weinproduktion liegt außerhalb dieser drei Staaten, wobei vor allem New York und Pennsylvania im Osten zu nennen sind.

Die erste Generation: Goldrausch und Zinfandel 

Seit der Besiedlung der USA gab es punktuelle Rebenpflanzungen z.B. im heiß-feuchten Florida. Doch den Durchbruch erlebte der Weinbau dem Vernehmen nach mit dem 1849er Goldrausch in Kalifornien. Geld und Eisenbahn lockten Emigranten aus Frankreich, Italien aber auch vom Balkan ins Land, die Rebstöcke aus ihrer Heimat im Gepäck hatten. Darunter befand sich auch die kroatische Crljenak Kaštelanski bzw. Tribidrag. Wann und warum diese mit der weißen Zierfandler aus Österreich verwechselt wurde, sich der Namen zu Zinfandel verschliff und der historische Ursprung in Vergessenheit geriet, darüber streiten die Experten. 
Ein aus Ungarn stammender Sherif brachte die Zinfandel ins Sonoma Valley, später gelangte sie in das Napa Valley oder nach Lodi, der Region der Goldgräber und Outlaws wie dem Three Finger Jack. Bald galt Zinfandel als kalifornisches Eigengewächs. Dass er mit der Tribidag und dem italienischen Primitivo identisch ist, wurde erst 1999 wissenschaftlich wiederentdeckt. 
Bis zur Jahrtausendwende war Zinfandel die meistangebaute Rebsorte der USA. Mittlerweile wurde sie vom Cabernet Sauvignon überholt.

Die wichtigsten US-Rebsorten: Cabernet Sauvignon, Merlot, Shiraz, Pinot Noir, Chardonnay

Mit der amerikanischen Prohibition von 1920-1933 kam der Weinbau weitgehend zum Erliegen. Der Neustart gelang erst ab den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts. Dabei konzentrierten sich die Weingüter vor allem auf renommierte französische Edelreben, allen voran die roten Bordeauxreben Cabernet Sauvignon und Merlot und den Syrah bzw. Shiraz von der Rhône. Als Spezialität der Region Oregon gilt der Pinot Noir.
Bei den Weißweinen hatte Chardonnay lange Zeit nahezu ein Alleinstellungsmerkmal: er galt in den USA als Synonym für Weißwein. Erst in den letzten Jahren gewinnt der Riesling eine eigene Fangemeinde.
Die Weine der Vereinigten Staaten sind in aller Regel Varietals, also aus einer einzigen Rebsorte. Cuvées aus mehreren Traubensorten sind eher unüblich und genießen unter Konsumenten fälschlicherweise keinen guten Ruf.

Ritterschlag für US-Weine: The Paris Wine Tasting

In Jahr 1976 setzten sich kalifornische Weine in einer legendären Blindverkostung mit einer hochkarätigen Jury in Paris gegen französische Konkurrenz durch, namentlich gegen große rote Bordeaux und Chardonnay aus dem Burgund. Dies als „Paris Wine Tasting“ in die Geschichte eingegangene Ereignis markiert eine Zeitenwende im internationalen Weingeschmack.
Kalifornische Winemaker begriffen weitaus früher als ihre Kolleginnen und Kollegen z.B. in Italien oder Deutschland, dass der geschmackliche Vorsprung großer französischer Weine nicht so sehr im Terroir, sondern in der Technik lag. Dabei spielte vor allem das Barrique eine bedeutende Rolle. Das Neuholz der Fässer gibt u.a. Röst-, Vanille- und Schokoladenoten an den Wein ab und verleiht ihm dadurch Fülle, Ausdruck und Komplexität.

Der amerikanische Geschmack: Satte Frucht und wohlige Röstnoten

Kalifornien ist der Inbegriff einer Hot-Climate Region. Lange, heiße Sommer bringen körperreiche Weine mit reifen bis gekochten Fruchtaromen hervor. Die Säure ist moderat, die Tannine bei den Rotweinen ausgereift und samtig. Selbstverständlich gibt es auch in den USA kühlere Lagen, beispielsweise von pazifischen Nebeln geprägte Weinberge im Napa Valley. Dennoch sind die Unterschiede zu Cool Climate Regionen z.B. an der Mosel oder dem Chablis deutlich. 
Die reifen, fruchtbetonten Weine erhalten dank der Röstaromen des Holzes einen zusätzlichen Wohlfühlfaktor. In den USA wird dabei oft die amerikanische Eiche verwendet, die noch markanter in ihrer Geschmacksgebung ist als die europäischen Eichenarten.
Eine Erfindung von US-Winemakern ist auch die Entkoppelung der Holz- und Röstaromatik von den kostspieligen Barriques. Durch den Einsatz z.B. von gerösteten Eichenholzchips bei der Weinbereitung lassen sich die geschmacklichen Effekte auch bei günstigeren Weinen erzielen. Der edle Geschmack wurde so demokratisiert. Diese Technik ist mittlerweile auch in Europa sehr verbreitet. Dass ein Wein „oaked“ – also „geeicht“ – ist, gilt in den USA mittlerweile als normal. Daher wird heute nur noch das Gegenteil auf dem Etikett vermerkt: „unoaked“.

Modell-Alternativen: Robert Mondavi und E&J Gallo

Der Aufstieg der USA zur Weinnation lässt sich modellhaft an drei Persönlichkeiten festmachen: Robert Mondavi auf der einen sowie Ernest und Julio Gallo auf der anderen Seite. Als die drei mit Ihrem Lebenswerk begannen, waren die USA quantitativ und qualitativ ein Weinzwerg, an ihrem Lebensende um die Jahrtausendwende eine Weltmacht.
Robert Mondavi steht für den Qualitätsweinbau in den USA. Der Barrique-Pionier schuf mit dem „Fumé-Blanc“ einen Weißweintypus, der bis heute weltweit kopiert wird. Mit Phillipe de Rothschild aus Bordeaux startete Mondavi das Joint Venture „Opus One“. Diese Cabernet-Cuvée aus dem Napa-Valley gilt als das Aushängeschild des US-amerikanischen Weinbaus. 
Die Gallo Brüder hingegen stehen für den industriellen Ansatz der Weinerzeugung. Ihr Unternehmen produzierte zeitweilig ein Viertel des US-amerikanischen Weins. Mechanisierung der Weinberg- und Kellerarbeit, der Einsatz der erwähnten Eichenchips, die Etablierung von Geschmacksbildern unter Markengesichtspunkten – dies sind Verdienste der Gallos. Sie leisteten Pionierarbeit für den Wein in der Bier- und Whiskeynation USA.
Als Verbindung der beiden Modelle gilt heute Delicato Family Wines. Auch sie zählen zu den großen Player im US-Markt, doch besitzen sie gleichzeitig Boutique-Wineries wie z.B. Francis Coppola oder Three Finger Jack Cellars, die für die individuelle Klasse kalifornischer Weine stehen.

Der Durchbruch des Hot-Climate-Wines aus den USA

Die USA machten den reifen, fruchtbetonten und körperreichen Hot-Climate-Stil hoffähig. Er war zunächst Vorbild für alle anderen Weinnationen der Neuen Welt, also Lateinamerika, Südafrika und Australien. Mehr noch: Amerikanische Weinfreunde und Weinkritiker, allen voran Robert Parker, setzten die alte europäische Weinelite zunehmend unter Druck. Deren oftmals kargen, mineralischen, säure- und/oder tanninbetonten Weine fielen in den USA durch. Auch in Europa wurde deshalb in der Folge immer mehr an der Frucht, dem Körper und dem seidig-schokoladigen Mundgefühl gearbeitet.
Der überwältigende Erfolg, den der süditalienische Primitivo derzeit in Deutschland feiert, wäre nicht denkbar ohne die Vorarbeit, den sein US-amerikanischer Zwillingsbruder Zinfandel auf den Gaumen dieser Welt geleistet hat.