Klein-Frankreich mit Sonne

Allée Bleue

Auf dem südafrikanischen Gut Allée Bleue hatte man den Weinbau aus den Augen verloren. Das deutsche Ehepaar Dauphin zeigte echten Entrepreneur-Geist.

Place Vendôme, La Roux, Mon Plaisir … wäre der Himmel nicht so weit und unfassbar blau, der Blick auf das Drakensteingebirge nicht so gestochen scharf – diese Schilder an der Straße könnten schon große Verwirrung stiften: Wir sind nicht in Frankreich, sondern in , gut 60 km von Kapstadt und 15 km von entfernt. Vor mehr als drei Jahrhunderten flohen 200 Hugenotten vor der religiösen Verfolgung weit nach Süden. Sie ließen sich in dieser Region nieder, weil sie alles Mögliche an das Voralpenland daheim erinnerte. Man gründete Franschhoek ("Franzosen-Ecke") – und viele hatten Weinreben dabei! Die Hugenotten verwandelten das ganze Tal mit seinen milden Sommern, seiner windgeschützten Lage und den regelmäßigen Regenfällen im Winter in eine der interessantesten Weinbauzonen des südlichen Afrikas.

Die Geschichte macht gelegentlich ganz eigenwillige Schnörkel. Denn im Jahr 1999 erwarb das deutsche Unternehmerehepaar Elke und Friedrich-Wilhelm Dauphin ein heruntergekommenes Gut nur ein paar Kilometer von Franschhoek entfernt. Der Familienname der beiden wanderte ebenfalls vor langer Zeit von Frankreich aus, aber Richtung Nordosten, nach Deutschland. Und sollte Ihnen der Name Dauphin merkwürdig vertraut vorkommen, schauen Sie einfach mal nach, worauf Sie gerade sitzen. Denn in Sachen Büromöbel hat der Name einen außerordentlich guten Klang. Elke und Friedrich-Wilhelm Dauphin korrigierten im neuen Jahrtausend sogleich einen Irrtum der Geschichte: Auf dem von der Natur verwöhnten Estate war seit mehr als 100 Jahren kein Wein mehr angebaut worden – was für eine irrsinnige Verschwendung! Fortan wuchsen wieder , , , und im französischen Tal und auch ein neuer Name wurde bald gefunden: Allée Bleue, die blaue Allee, nach der mit Eukalyptusbäumen gesäumten Einfahrt zum Gut. Und drum herum blühen die Lavendelfelder. Wie gesagt, ein bisschen verwirrend ist das alles schon…

Wendelin Niedlich
(WEIN NEWS November 2016)