Rioja: Die Qualitäts-Ikone

Der Glaube an Zufälle kann hier verloren gehen. Hier müssen größere Mächte ihre Hände im Spiel haben. Die ist gesegnet: Mit Liebe und Strenge entstehen hier die besten Weine Spaniens.

Als Gott am dritten Tag die Weingebiete auf der Erde verteilte (schließlich musste am Ende einer stressigen Woche was Ordentliches auf den Tisch), scheint er der Rioja viele Extras auf den Weg gegeben zu haben. Aber kann er das alleine vollbracht haben? Wohl eher ein ganzer Stab von hochbegabten Geologen und Landschaftsarchitekten scheint hier ganze Arbeit geleistet zu haben: Lieblich schlängelt sich der Ebro-Fluss durch Ebenen und sanfte Hügel. Sorgfältig wurden die Bodenbeläge mit kalk- und eisenhaltiger Tonerde aufgetragen. Von Schwemmland an den Ufern bis zu felsigen Gründen in 700 Metern Höhe – hier wurde alles getan, um insbesondere bei der -Rebe intensive Heimatgefühle zu erzeugen. Schon gar kein Zufall ist die Lage: Atlantische und mediterrane Einflüsse im segensreichen Zusammenspiel. Das kündet von einem langfristigen, großen Plan. Diese Weinbauregion wird mal von sich reden machen! Und so geschah es: Zwischen Haro im Westen und Alfaro im Osten werden Spaniens berühmteste Weine erzeugt.

Das liegt auch an der Strenge der Weinkontrolle: Im Gegensatz zu anderen Weinbauregionen werden hier Proben aus allen Weinfässern der Bodegas entnommen und verkostet – viele tausend Jahr für Jahr. Und nur ein Bruchteil wird beanstandet, weil das Qualitätsbewusstsein so hoch ist und der Ruf der Region allen am Herzen liegt.

José Vicente Domeco de Jarauta ist einer von ihnen. Sein Weinstil lässt sich am besten mit jugendlicher Frucht und Frische beschreiben: "Ich bin selbst mein größter Kritiker und probiere mit unserem Kellerteam mehrmals pro Woche die Weine, um sie besser kennenzulernen", erzählt er. Das System scheint großartig zu funktionieren: Klarheit und Tiefe sind den Weinen der Jarautas eigen – ein Hochgenuss.

Ein weiterer Name wird Ihnen in den Tapasbars der Provinzhauptstadt Logroño unweigerlich auffallen: Hier, wo die Wirte mindestens 25 Crianzas und 15 Reservas kopfüber an die Wand hängen, mit einem extra angefertigten Vakuum-System, das die guten Tropfen lange frisch hält und den glasweisen Ausschank ermöglicht. Versuchen Sie einmal die Worte "Una recomendación, por favor", eine Empfehlung bitte, einigermaßen unfallfrei auszusprechen und die Antwort ist in mindestens 50 % der Fälle: Heras-Cordón.

Nur 10 Autominuten von Logroño liegt diese Qualitäts-Ikone der Region. Wieder ist die Strenge ein Leitmotiv: Die selektierten Trauben erreichen den Weinkeller nur, wenn sie vollkommen gesund und ausgereift sind. So entsteht die beeindruckende Konzentration der Heras-Cordón-Weine. Der Hektarertrag der Reserva liegt bei fast lächerlichen 30 ha/hl. Nun sind Dichte und Volumen nur die Hälfte des Spiels: "Ich möchte hier keine Weinmonster züchten", sagt Weingutsbesitzer José Luis Heras-Cordón, "ich will Eleganz, Frucht, Finesse und trotz aller Kraft die Freude am Trinken unserer Weine". Und das gelingt. Es hat sich sogar bis zum Stellvertreter des Herrn auf Erden herumgesprochen: Nur einem Weingut der Rioja ist es gelungen, zum Hauslieferanten des Papstes zu avancieren – Heras-Cordón.

Wendelin Niedlich

(WEIN NEWS Dezember 2013)