El Loco - der Verrückte von Ventosilla

Javier Cremades de Adaro hat es sich nie leicht gemacht in seinem Leben. Sein Gespür für ein verwahrlostes Stück Land im machte ihn zu einem der erfolgreichsten Winzer der Region.

Die Geschichte von Prado Rey beginnt im Jahre 1503, als die Monarchin Isabella von Kastilien ein Landgut im kleinen Örtchen Gumiel de Mercado 180 km nördlich von Madrid erwarb und es fortan als "Real Sitio de Ventosilla" zur königlichen Jagdresidenz machte. Traditionell floh der Adel gerne vor den heißen Sommern aus den Städten aufs Land. Und hier, auf gut 800 Metern Höhe, ließ es sich von Juni bis September dank der kühlen Nächte sehr gut aushalten.

Es ist schon erstaunlich, dass einige Jahrhunderte vergehen mussten, bis auf diesem gesegneten Fleckchen Erde im großen Stil Qualitätsreben angebaut wurden. Denn schließlich liebt auch die Weintraube genau diese klimatischen Bedingungen: heiße Tage, kalte Nächte – da fühlt sie sich pudelwohl. In Gang gesetzt hat dies alles Javier Cremades de Adaro, seines Zeichens Agraringenieur, der sich etwas Geld zur Seite gelegt hatte, um den Traum vom eigenen Weingut wahr zu machen. 1989 pflanzte er gemeinsam mit dem ehrgeizigen Önologen Angel Luis Margüello 520 Hektar neu an, verwendete allerdings Triebe von über 100 Jahre alten Rebstöcken. Die Nachbarn lachten über ihn, da könne kein Wein wachsen in den höchsten und kältesten Lagen. Sie nannten ihn "el loco de la Ventosilla", den Verrückten von Ventosilla. Javier Cremades jedoch, eines von sieben Kindern einer armen Familie, sagte: "Aus extremer Höhe und Kälte kommen die besten Früchte."

Und er behielt Recht. Schon der erste Jahrgang 1997 erregte in Spanien großes Aufsehen und seitdem steht der Name Prado Rey für allerhöchste Rotwein-Qualität im Ribera del Duero. Entscheidend dafür war – neben optimal gereiftem Lesegut – der absolut gekonnte Umgang mit den ortsüblichen Barriquefässern aus nordamerikanischer Eiche: Genau so viel wie nötig, um den Charakter des Weins zu unterstreichen, aber kein Jota mehr.

Doch bei aller Liebe zum roten Wein konnte Javier Cremades und seinem Önologen nicht entgehen, dass auch die schöne Nachbarin etwas zu bieten hat: Im Rueda-Gebiet gleich nebenan hatte sich eine Weißweinkultur der Extraklasse entwickelt. Und so gründeten die beiden Weinliebhaber 2007 nahe des Örtchens Rueda ein Weingut, das sich den hochwertigen Weißen verschrieben hat. Schon die moderne architektonische Gestaltung des Gebäudes signalisiert, dass hier mit allerfeinster Technik die expressiven Aromen der -Traube in die Flasche gebracht werden sollen. Geerntet wird in der kühlen Nacht, neueste pneumatische Pressen entlocken dem Lesegut schonend ihren wertvollen Saft und abschließend wird der Most in temperaturkontrollierten Stahltanks vergoren. Das Ergebnis ist überwältigend, schlicht eine Klasse für sich.

Zurück im Ribera – das Leben schläft nie – musste 2009 wieder eine mutige Entscheidung getroffen werden: Trotz schlechter Wetterprognosen entschloss sich Angel Luis Margüello, die Trauben für den Ausnahmewein "Adaro", die auf 850 Metern wachsen, noch etliche Tage länger hängen zu lassen, um auch das Letzte an Reife herauszuholen. Das Ergebnis ist mehr als überzeugend: Der "Adaro" ist einer der besten Weine, die je das Weingut Prado Rey verlassen haben.

Womit wir wieder beim Namen angekommen sind: Weil "Real Sitio de Ventosilla" doch etwas lang und sperrig ist, firmiert das Unternehmen seit einigen Jahren vermehrt unter dem Namen der erfolgreichsten Marke "Prado Rey", die Auen des Königs. Ein bisschen royal geht es halt immer zu in Gumiel de Mercado. Man hat eben Stil und Qualität. Drunter machen sie es nicht!

Wendelin Niedlich

(WEIN NEWS Mai 2012)