Aufgrund unserer Inventur kann sich die Lieferung etwas verzögern.
Verschiedene Weinsorten in edlen Gläsern präsentiert

Neulich in der Wüste

Weingut Pío del Ramo

ist die heißeste Region Europas. Doch dank der Rebsorte Monastrell ist die Wüste erstaunlich lebendig.

Wäre dies ein Wirtschafts-Newsletter, dann hätten wir die faszinierende Geschichte eines Startup erzählt. Vom leidenschaftlichen Winzer und Unternehmer Pío del Ramo Nuñez, der 2007 aus dem Nichts – und im Nichts! – eine Bodega mit 140 Hektar und Hightech-Kellerei gründet, sich dann aber mit stattlichen Krediten auf dem Buckel unvermittelt in der großen Wirtschaftskrise wiederfindet. Wie er diese Situation meisterte, muss hier also unerzählt bleiben. Nur so viel: Beten kann nicht schaden, Glück hilft – vor allem aber brauchst du Produkte, die Begeisterung auslösen.

Wir befinden uns im tiefen spanischen Süden, in der Weinregion Jumilla, Provinz Murcia. Wohlwollend sprechen Meteorologen von Steppenklima. Ob bei den 40°C, die hier im Sommer regelmäßig erreicht werden, noch jemand steppt, sei dahingestellt. Es gibt jedoch eine Rebsorte, die unter derlei Extremen erst richtig aufblüht: Monastrell. Diese Traube stammt ursprünglich aus Südspanien, hat sich aber zunächst als Mourvèdre in Frankreich einen Namen als harter Knochen gemacht. An der Rhône sorgt sie in Cuvées für "Kern", wie es so schön heißt. Nur: Dieses Haudegen- Image beruht auf einem Missverständnis. Auch wenn es absurd klingt, ist es der Monastrell in Südfrankreich viel zu kalt.

Dickschalig und fast schwarz sind die Trauben. Und sie halten Siesta! In der Mittagshitze fahren sie ihre physiologische Aktivität auf ein Minimum zurück. Die Monastrell ist also so dermaßen gut gegen Sonne und Hitze geschützt, dass ihre reichlich vorhandenen Tannine nur in der südspanischen Halbwüste und erst spät im Herbst ausreifen. Dann aber schmiegen sich Weine wie der Viña Betola Tinto oder der Pío del Ramo Roble wie Samt an den Gaumen. Kämpfen hingegen muss Pío del Ramo Nuñez um jedes Gran Säure – und damit um die Frucht. Hier bietet die Höhenlage der Weinberge von rund 700 m Vorteile. Weil sich die Säure der Trauben in der nächtlichen Kühle regeneriert, wird nachts geerntet.

Nachdem das Wunder Monastrell erklärt ist, kommen wir zum Mysterium . Die weiße spanische Edelrebe ist auf kühlere Standorte angewiesen. Also eigentlich keine Chance in Jumilla. Doch Pío del Ramo hat es beim Örtchen Pétrola auf kargsten Kalkböden in waghalsigen 900 m Höhe versucht. Der "Mediterráneo" ist vielleicht nicht ganz so frisch wie seine Kollegen in der Rueda (was viele unserer Kunden eher begrüßen), dafür punktet er mit üppiger Frucht und feiner Kräuterwürze. Sollten Sie also demnächst Gäste zum Grillen haben, vergessen Sie nicht, einen Toast auf das Steppenklima auszusprechen.

Gotthard Scholz
(WEIN NEWS Juni 2017)