Viel mehr als grün

Quinta da Raza

Die Region Vinho Verde wird immer besser. Ganz vorn: das Weingut Quinta da Raza

Allgäu? Irland? Wer zum ersten Mal in die Region zwischen Porto und dem Rio Minho an der Grenze zu fährt, ist durchaus verwirrt. Das Weingebiet heißt nicht nur – es ist auch in einem Maße satt grün, wie man es in einem südlichen Land nicht erwartet. Die Ursache ist schnell erklärt: Die bösen atlantischen Tiefausläufer, die uns in Deutschland nerven, streifen leider auch den Norden Portugals. Aber wieso eigentlich leider? Denn der berühmteste Wein der Region, dieser ganz leichte, ganz fruchtige, leicht brizzelnde Weißwein "Vinho Verde", verdankt seinen flirrenden Charme nicht der Sonne – im Gegenteil: viel Sonne macht Weißweine bekanntlich dick und träge. Der "Grüne Wein" lebt von den raren Granit- und Schieferböden, der salzigen Luft und von den autochthonen Rebsorten mit schönen Namen wie Azal, Trajadura oder Arinto.

Nun gab und gibt es im Norden Portugals Winzer, die sagen: "Vinho Verde kennt die ganze Welt – schön und gut. Aber wer weiß schon, dass wir hier auch kräftige Weißweine mit Substanz haben? Und wer hat schon von den wunderbaren roten Rebsorten Vinhão, Padeiro oder Espadeiro gehört, aus denen wir grandiose Rosé keltern? Eben!" Zu diesen ehrgeizigen Menschen gehört Dom Diogo Teixeira Coelho vom Weingut Quinta da Raza. Der Mann ist in seiner Region tief verwurzelt wie eine uralte Weinrebe. Das Familien-Stammhaus, in dem Diogos Mutter bis heute lebt, wurde im 18. Jahrhundert errichtet.

Nun, der Begriff Haus ist vielleicht doch ein wenig untertrieben – das Gebäude hat schon eine herrschaftliche Ausstrahlung und – den Titel "Dom" tragen hier nur wenige. Diogo kam in diesem Haus zur Welt, in diesen ganz sicher nicht kleinen Verhältnissen, hat sich aber dennoch entschieden ein eigenes, neues zu bauen. Typisch für ihn: Sich ins gemachte Nest zu legen, obwohl das sehr komfortabel gewesen wäre, kam nicht in Frage. Er trat in die Fußstapfen seines ebenfalls weinverliebten Großvaters und entwickelte das Weingut Quinta da Raza zu nie gekannter Blüte. Darauf ist er stolz. Stolz auch, dass die schöne Mafalda seinetwegen das quirlige Lissabon verließ, um seine Frau zu werden. Stolz auf die beiden wohlgeratenen Töchter. Sind Sie jetzt eventuell ein wenig neidisch geworden auf Dom Diogo? Das war unvermeidlich. Trösten Sie sich mit einem Schluck dieser wunderbaren Weine...

Wendelin Niedlich
(WEIN NEWS April 2018)