Hüter des Schatzes

Tenute Orestiadi

Extrem traditionell, extrem weltoffen. Kaum eine Insel vereint diese Gegensätze in so traumhaft schöner Weise wie .

Weltweit neigen Inselbewohner dazu, Eigenheiten zu entwickeln. Wer schon mal eine australische Kragenechse in voller Pracht gesehen hat, weiß, wovon die Rede ist. Das gilt natürlich auch für die Küche, wie das isländische Gericht "Svio" (schwarzgesengter Schafskopf) beweist. Man mag sich hier und da ein wenig gruseln, aber solcherlei Eigenheiten sind dennoch ein großer Schatz. Sie bewahren zum Beispiel den Weingenießer davor, lediglich die Global Player und im Weinregal vorzufinden. Eine besondere Rolle spielt bei diesem Thema Sizilien. Ja, die internationalen Rebsorten sind hier verbreitet – mit sehr guten Qualitäten. Aber immer häufiger kultivieren und bewahren verantwortungsvolle Winzer Rebsorten, die von der Insel stammen oder aus der unmittelbaren Nachbarschaft. Bei den Weißen sind es: Inzolia, Grillo und die wunderbare Catarratto. Die Roten heißen Nerello Mascalese, Cappuccio, Perricone und natürlich der sehr erfolgreiche Schwarze aus Avola: (möglicherweise aus zugereist).

Tenute Orestiadi
Das Weingut ist in Gibellina beheimatet – ganz im Westen in der Provinz Trapani. Der Stolz auf die Schönheit der Insel ist hier untrennbar verbunden mit der selbstverständlichen Anerkennung der kulturellen Verbindungen zu Griechenland, dem Nahen Osten und Afrika. Ausdruck dieser Haltung ist die mit dem Weingut verbundene Kulturstiftung Orestiadi, die mithilfe von Theater, Musik und Ausstellungen Brücken baut. Der Name des Gutes bezieht sich auf die Legende von Orestes, notiert und weltbekannt gemacht vom griechischen Dichter Aischylos. Dass der Wind eine große Rolle bei der Namensgebung der Orestiadi-Weine spielt, ist beileibe kein Zufall. Von April bis September bläst er sehr kräftig aus Nordwest und vermeidet die Überhitzung der Trauben – selbst in den brütend heißen Sommern, die hier wirklich keine Seltenheit sind. Zudem bewirkt der Wind größere Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht – die Weinrebe bedankt sich dafür artig mit der Entwicklung herrlicher Fruchtaromen.

Curatolo Arini
Das zweite Weingut, das wir Ihnen heute vorstellen, ist mit zwei Worten eigentlich hinreichend beschrieben: Familie und Tradition. Im Jahr 1875 gründete Vito Curatolo Arini sein gleichnamiges Gut bei Marsala (ebenfalls in der Provinz Trapani) und schwang sich zum erfolgreichsten Produzenten des gleichnamigen Süßweines auf. Das erste Etikett wurde vom berühmten italienischen Jugendstil-Architekten Ernesto Basile entworfen – und ist bis heute geblieben. Dass das Weingut Curatolo Arini bis zum heutigen Tag in direkter Linie von "La Famiglia" regiert wird, verwundert jetzt sicher niemanden. Aber die heutigen Chefs Roberto, Sergio, Riccardo und Victoria wissen genau: Nur wer sich ändert, bleibt sich treu. Sie entwickelten eine großartige trockene Weinlinie mit Rebsorten, die einerseits schon seit den alten Griechen hier bekannt sind und andererseits als gern gesehene Gäste Wurzeln schlugen. Das passt alles unter einen Hut – mit einem sizilianischen Lächeln. Ich liebe diese Insel!

Wendelin Niedlich
(WEIN NEWS Juli 2016)