
Intro? Extro? Hauptsache gut!
Weingut Lauermann & Weyer
Weingut Scherner-Kleinhanß
Keine sechs Kilometer trennen die Weingüter Scherner-Kleinhanß und Lauermann Weyer, aber dazwischen liegen Weinregionsgrenzen und stilistische Unterschiede. Top-Qualität gibt es auf beiden Seiten.
Zeige mir den Winzer, und ich sage Dir, wie sein Wein schmeckt – diese Grundregel gilt nach wie vor: Wer Hans Heinrich Weyer begegnet, mit seinem offenen Wesen, der gern und viel lacht, rechnet ganz sicher mit einem kräftig-verspielten Wein. Klaus Scherner hingegen ist eher ein stiller Mensch, zurückhaltend bis fast zur Introvertiertheit. Niemand würde sich über einen ernsten, anspruchsvollen Wein wundern. Aber keine Regel ohne Ausnahme – in diesem Fall ist es genau umgekehrt.
Der Nordpfälzer Weyer hat einen richtig erwachsenen Weißburgunder hingelegt. Wir wollen an dieser Stelle nicht rechthaberisch sein, möchten aber doch darauf insistieren, dass wir Ihnen bereits früh im vergangen Jahr den Lauermannschen Riesling vorgestellt haben (fast vergriffen) – während erst Monate später die strenge Weinkritik einstimmte: Gerhard Eichelmann schrieb 2014: "Überdurchschnittliches, zuverlässiges Weingut. Die Kollektion überzeugt mit frischen, geradlinigen Basisweinen, die Spitzen zeigen vielversprechende Ansätze.[...] Ein überzeugendes Debüt!" Und auch der GaultMillau-WeinGuide Deutschland vergab 2014 eine Traube für das Weingut: "Wir vermelden den Zugang eines neuen Betriebs aus Bockenheim, wo offensichtlich mehrere Winzer den Schuss gehört haben und Gas geben." Keine Überraschung für Rindchen-Kunden.
Klaus Scherner aus Rheinhessen Süd ist ein detailverliebter Mann, der gerne dicke Bretter bohrt. Während andere sich ihre internationalen Erfahrungen mühsam aus Kurzpraktika und Urlaubsreisen zusammenklauben, hat er nach dem Weinbaustudium viele Jahre als Kellermeister und önologischer Berater für Weingüter in Kanada und Kalifornien gearbeitet. Als der Vater dann überlegte, den Familienbetrieb zu verpachten, entschied sich Sohn Klaus dafür, zurückzukehren und als Scherner der neunten Generation das 1726 gegründete Weingut zu übernehmen. Sofort machte er sich daran, den Rebenbestand zu erneuern und setzte auf – Weißburgunder. Ausgerechnet in einer Zeit als die Nachbarn den trendigen Chardonnay in den Himmel hoben. "Ich hatte beide Rebsorten als Leiter unserer Versuchsanstalt in Kanada im Vergleich: Weißburgunder hat klar die Nase vorn", begründet er seine Entscheidung. Und siehe da, er hat zuletzt gelacht, wenn auch mit einem Schmunzeln, wie es eben seine Art ist.
Egal, ob intro- oder extrovertiert, ob südlich oder nördlich der grünen Grenze: Lassen Sie einfach Ihren Geschmack entscheiden – es sind zwei Weißburgunder der Extraklasse!
Wendelin Niedlich und Gotthard Scholz
(WEIN NEWS Dezember 2014)