GERDS WELT - Chardonnay

Liebe Weinfreundinnen und Weinfreunde,

die Fa. Guhl denkt sich immer allerlei Gimmicks aus, um die Preise ihrer doch recht kostspieligen Haarshampoos (250 ml immerhin 2,75 € bei Rossmann) zu rechtfertigen. Ich habe mich im vorgerückten Alter, in der vermutlich vergeblichen Hoffnung, dem mählichen Ausbleichen des Haupthaares ein Schnippchen schlagen zu können, für die Variante "Farbglanz blond" entschieden. Und was darf ich da auf der Flasche lesen? Auch hier lässt mich die Weintraube im Allgemeinen und der im Besonderen nicht los! "Die erlesene Chardonnay- Beere aus erfährt in der Haarpflege durch ihre besondere Wirksamkeit eine zunehmende Wertschätzung. Sie ist reich an milden Fruchtsäuren, Vitaminen und Feuchtigkeitsspendern, die bekannt dafür sind, die Helligkeit zu verstärken und geschmeidig zart zu pflegen". Nun ja, schau mer moi ob’s hülft.

Vor allem aber bemerke ich im reiferen Alter eine zunehmende Hinwendung zu gerne mal leicht vom Holz geküssten, komplexen Weinen aus der Chardonnaytraube. Zwei Prachtstücke aus unserem Sortiment gilt es hier zu loben und zu preisen: Da ist zum einen der famose Château Vitallis, ein Pouilly Fuissé aus dem südlichen zu nennen. Er erfreut mit beachtlicher Tiefe, Dichte und Komplexität und (nomen est omen) hinreißender Vitalität und ist mit 24,80 € für burgundische Verhältnisse sogar noch erschwinglich.

Etwas tiefer in die Tasche greifen muss man für den Wein, der mich nach 40 Jahren Weinverkauf erstmals hat zum Stalker werden lassen: Den südafrikanischen Elgin Chardonnay des britischen Winemaker-Genies Richard Kershaw. Als ich diesen Wein, einen der besten Weißen, die ich in meinem Leben genießen durfte, erstmals probierte, habe ich nicht gerastet und geruht, zwei Jahre lang weder Kosten noch Mühen gescheut, bis ich den Schöpfer dieses grandiosen Tropfens inmitten seiner Weinberge dingfest machen und den Wein für Sie entführen konnte. Trotz seines Preises passt auch dieser Ausnahmetropfen ganz gut zu unserer Philosophie: Er kostet zwar 36,80 €, stellt aber mühelos die meisten französischen Burgunder aus der 100 €+-Liga in den Schatten. Obwohl man sich für das Geld auch locker 13,38 Flaschen Chardonnay-Shampoo kaufen könnte, ist das dennoch eine sinnvolle Investition in kompromisslosen, beglückenden Hochgenuss.

Es grüßt Sie herzlich
Gerd Rindchen
(WEIN NEWS Mai 2017)

POST SCRIPTUM
Und was isst man zu edlen Chardonnays aus dem Barrique?
Sehr gerne helles Geflügel! Perlhuhn, Bresse-Poularde, Stubenküken, bevorzugt auch getrüffelt, Kalbsbries oder klassisches Risotto Milanese.