Frau Doktor und der Traktor

Jana Hauck

Die Spätlese Hildegardisberg von steht wie kaum ein anderer Wein für die Tradition und den Erfolg von Rindchen’s Weinkontor. Seit vier Jahren leitet der Bermersheimer das Weingut im Team mit Tochter Dr. Jana Hauck.

Ein Generationswechsel mit langem Anlauf: Die akademische Karriere der promovierten Wirtschaftswissenschaftlerin – Innovationsmanagement! – führte sie zunächst nach Wien und Kairo, bis sie dann in das eigene Familiengut einstieg. Heute, diverse Praktika später und den Abschluss als Weinbautechnikerin im Blick, zeigt sie mit begeisternden Weinen, wie goldrichtig ihre Entscheidung war. Wir können uns kein besseres Weingut für die Premiere des deutschen 2020er Jahrgangs vorstellen.

"Ich möchte feminine Akzente setzen." Jana Hauck im Interview

Jana, was waren Deine Beweggründe, spät und fachfremd ins Weingut einzusteigen? Tradition?
In gewisser Weise schon. Ich war an dem Punkt, in meinem Leben ankommen zu wollen. Und das bin ich jetzt. Dabei spielt Familientradition tatsächlich eine Rolle: Meine Eltern haben damals einen landwirtschaftlichen Mischbetrieb übernommen und daraus dieses Weingut geschaffen. Dinge zu verändern und neue Wege zu gehen gehört zu unserer Familie.

Neue Wege gehst Du ja mit der eigenen Premium-Linie »Jana«.
Wir haben schon vorher außergewöhnliche Weine gemacht, die sind nur im Rindchen-Radar nicht so aufgetaucht. Aber klar möchte ich mit meinen Weinen besondere, feminine Akzente setzen.

Ich finde die »Jana«-Weine eher ausgesprochen kraftvoll.
Sag ich doch: feminin, also komplex und energiegeladen!

Okay – voll ins Gender-Fettnäpfchen getreten. Was bedeutet für Dich komplex?
Weine, die wissen was sie wollen und eine klare Form am Gaumen haben, also nicht irgendwie wabern oder mittendrin plötzlich Lücken aufweisen. Wenn diese Form im Gaumen bleibt, obwohl der Wein längst getrunken ist – dann ist er gut.

Beim Weißburgunder kommt da auch Holz ins Spiel.
Ja, zwar nur zu einem ganz kleinen Anteil, aber das ist das Tüpfelchen auf dem i. In Neuseeland habe ich gelernt, wie man Weißwein durch das Barrique spannungsreicher machen kann. Überhaupt hat mir gefallen, wie dort – wie soll ich sagen: »kontrolliert« experimentiert wird. Leider habe ich als Winzerin nur einmal im Jahr die Chance im Keller dazu. Geduld ist nicht so mein Ding.

Eure Weinberge spielen Dir für komplexe Weine ja in die Karten.
Genau. Kalkmergel und Lehm-Löss stehen für volle, fruchtbetonte Weine. Andererseits sind unsere Lagen für Rheinhessen recht hoch und teilweise windexponiert. Das bringt dann den Facettenreichtum.

Und wie steht es mit dem Traktor?
Oh – falsche Frage. Der Traktor und ich sind nicht füreinander geschaffen. Ich habe darum beschlossen, nicht alles gut können zu müssen. Aber tagelang durchgängig an der Weinpresse zu stehen, das ist meine Welt.

 — Interview: Gotthard Scholz
(WEIN NEWS März 2021)