Der Sommermacher
Weingut Peth-Wetz
Christian Peth holt das Blau vom Himmel. Dass der Mann gut ist, wussten wir schon lange. Aber dass er so gut ist, hat selbst uns überrascht.
Wenn man Menschen zu gut kennt, verstellt der Alltag bisweilen den Blick aufs Außergewöhnliche. Und irgendwann steht man da und denkt: Wie, diese großartige junge Frau ist wirklich meine Tochter? Oder: Wie, dieser totale Nerd leitet jetzt ein Unternehmen? So ähnlich ging es uns bei Christian Peth. Da stand unser Bild seit Jahren felsenfest. Richtig guter Winzer halt. Einer, der Jahr für Jahr abliefert, verlässlich auf hohem Niveau. Um zu merken, dass der Mann eine neue Qualitätsstufe erklommen hat, dafür bedurfte es gleich dreier Aha-Erlebnisse.
Zunächst überraschte uns Christian Peth mit atemberaubenden neuen Etiketten. Viele werden sich erinnern: Seine alte Ausstattung brachte – positiv formuliert – den ästhetischen Diskurs im rheinhessischen Bermersheim auf den Punkt. Die neuen Etiketten dagegen sind unglaublich cool und mit internationaler Attitüde. Den Hingucker bilden Stempel, die an Reisepässe erinnern – eine Hommage an die Weinländer Chile, Australien und die USA, in denen Christian Peth als Winzer gearbeitet und seinen Weinstil gefunden hat. Etiketten spiegeln ja immer eine Haltung wider. Sie können eine Region, eine Traube oder eine Tradition in den Mittelpunkt stellen. Hier ist die Aussage eindeutig diese: Ich bin Christian Peth – und das sind meine Weine. Damit formuliert der sonst eher ruhig, zurückhaltend und besonnen wirkende Mann einen Anspruch, an dem sich schon so mancher verhoben hat. Aha!
Die zweite, noch größere Überraschung aber erwartete uns im Glas. Das war unglaublich souverän. Nach der Probe des aktuellen Jahrgangs fragten wir uns, warum wir das nicht früher bemerkt haben. Immerhin hat der Kultweinführer Gault-Millau Christian Peth schon vor zwei Jahren die begehrten Drei Trauben verliehen. Aber in den ungemein schwierigen Jahrgängen 2013 und 2014 war man eher geneigt, den Winzern Respekt zu zollen, als in Begeisterung auszubrechen. Jetzt, mit dem großen 2015er Jahrgang hat Christian Peth unsere Gaumen verzaubert. Die Weine sind, um es einmal in Tanzsprache auszudrücken, rhythmisch perfekt gesetzt, fließend in der Bewegung und bis ins letzte Detail ausgetanzt. Sie tragen tatsächlich die eigene Handschrift, die das Etikett verspricht. Aha!
Um es ganz klar zu sagen: So eine Kollektion schüttelt man nicht aus dem Ärmel, weil das Wetter mal gut ist. Hier war neben Inspiration ganz viel Transpiration am Werk. Deutlich wird das am "Holz und Stahl", der neuen Top-Cuvée aus Chardonnay und Weißburgunder. Beide Rebsorten lieben Löss und Kalkstein und wurden von Christian Peth genau deshalb dort gepflanzt. Beide werden getrennt vinifiziert. Die eine Hälfte verbleibt in Stahltanks, die andere wird – immer noch nach Rebsorten getrennt – in gebrauchten Barriques ausgebaut. Stahl steht für Frische und Brillanz. Holz steht für Cremigkeit und Reife. Bis zum Schluss erarbeitet sich Christian Peth alle Chancen, um dann in der Cuvée – dem Punkt der Inspiration – diesen optimistischen, tiefen und nachklingenden Weißwein zu schaffen, der einen hochsommerlichen Augustabend krönt.
Aufmerksame Leser werden bemerkt haben, dass noch ein Aha-Erlebnis fehlt. Das hatten wir, als uns Branchenkollegen dringend rieten, unsere Preise zu überdenken. Ihr verkauft, so deren Aussage, Christian Peth unter Wert. Aha! Okay, nächstes Jahr fangen wir an zu überdenken. Aber zuvor lassen wir es uns nicht nehmen, Sie mit Gratisflaschen und Entdeckerpaketen davon zu überzeugen: Christian Peth ist der Sommermacher!
Gotthard Scholz
(WEIN NEWS August 2016)