Verschiedene Weinsorten in edlen Gläsern präsentiert

Manchmal wie Hund und Katz

Weingut Leonhard

Der Rote Hang in Nierstein ist Klaus-Peter Leonhards Leidenschaft, weil er die ganze Vielfalt des Weins bietet – eine Liebeserklärung. "Die erzählen ja heut’ wieder viel, von Terroir und dem ganzen Gedöns – Hauptsache, der Wein schmeckt!" So oder ähnlich mögen sich die Zweifler äußern über die in den WEIN NEWS immer wiederkehrende genaue Bestimmung von Böden, Luft, Sonneneinstrahlwinkel, Windrichtung, Pflanzdichte und der Schuhmarke des Winzers. Ja, wir kennen diese ketzerischen Kommentare ganz genau, aber am Ende wird der eine oder andere doch sagen müssen: Ihr hattet so Recht!

Wir laden die Skeptiker zu einem aufregenden Vergleich ein: Zwei , zwei trockene Spätlesen, beide vom berühmten Roten Hang bei Nierstein, aus zwei benachbarten Lagen – und doch wie Hund und Katz.

Der Rote Hang ist eine Legende: 280 Millionen Jahre alt ist dieser Tonschiefer-Verwitterungsboden, dessen Farbe von Eisenoxid stammt. Rotliegend nennt man diese geologische Periode, die "Nierstein-Formation" ist einmalig. "Hier Wein anbauen zu dürfen ist ein großes Privileg", sagt Winzer Klaus-Peter Leonhard voller Respekt. Er ist ein besessener Tüftler, der genau weiß, dass seine Süd-Südost-Lagen zwar weniger intensive Abendsonne genießen, aber dafür nach einem nächtlichen Regen in ihrer windgeschützten Lage viel schneller wieder trocknen. Ein Weinbauer, der um die Bedeutung der Laubarbeit weiß, weil Trauben ohne Licht und Luft Fäulnisprobleme bekommen können. Ein Mann, der auch im Jahr 2013 mit ruhiger und sicherer Hand auf eine erfolgreiche Ernte zusteuerte: "Letztes Jahr war fast nichts normal", erinnert sich Leonhard, "milder Winter, kalter Frühling mit spätem Austrieb, späte Blüte am 20. Juni. Na gut, Juli und August waren normal warm, dann aber wieder ein kühler September, danach wärmer und feucht, was man gar nicht braucht. Aber: Durch die insgesamt lange Vegetationsperiode konnten sich bei den gesund gebliebenen Trauben die Fruchtaromen hervorragend entwickeln."

Akribisch arbeitet Klaus-Peter Leonhard die Unterschiede seiner Lagen heraus. Allein durch den höheren Löss-Lehm-Anteil im Heiligenbaum entwickelt sich hier ein intensiv fruchtbetonter Wein, der sich vom Nachbarn aus der Steillage Ölberg mehr als deutlich unterscheidet. Der steinige Grund in der Nachbarlage sorgt für ausgeprägte mineralische Noten im Riesling. Beide Weine sind Kinder des Roten Hangs. Geschwister können bekanntlich sehr unterschiedlich sein, was aber nichts an der winzerlichen Liebe ändert. Und wir sind ganz sicher, dass die Weingenießer landauf landab diese Liebe teilen werden.

Wendelin Niedlich
(WEIN NEWS Juli 2014)