Verschiedene Weinsorten in edlen Gläsern präsentiert

Süditaliens Gipfelstürmer

Mit den Rebsorten Aglianico, Negroamaro und Falanghina meldet Süditalien Ansprüche an auf einen ständigen Sitz im Wein-Olymp.

"Immer nur mit der glorreichen Vergangenheit des zu werben – das befriedigt mich absolut nicht", sagt Libero Rillo. "Ich will beweisen, dass er hier und heute zu Italiens -Spitze zählt!" Letzteres hat der junge Mann mittlerweile schriftlich, denn für seinen Taburno Falanghina erhielt er letztes Jahr erstmals die begehrten Tre Bicchieri, die Drei Gläser im maßgeblichen Weinführer Gambero Rosso. Im antiken Rom war der Falanghina das Maß aller Dinge. Aus dieser Rebe wurde der Falerner erzeugt, jener legendäre Wein aus den Hügeln nordwestlich von Pompeji. So imposant sein Ruf auch damals war – zwischen dem oxidativ ausgebauten, über Jahre gelagerten Falerner und den terroirgeprägten, für süditalienische Verhältnisse ungemein geschliffenen und frischen Falanghina von Libero Rillo gibt es geschmacklich keinerlei Verbindung.

Libero Rillos Weingut Fontanavecchia liegt im Taburno, einem Hügelgebiet östlich von Neapel. Das zweite Aushängeschild des Hofes ist die große rote Rebsorte Kampaniens, der Aglianico. "Hier auf unseren kalkig-lehmigen Böden erhält der Aglianico ein mächtiges Tanningerüst", erzählt Libero. "Das macht ihn einerseits so groß, stellt uns als Winzer aber auch vor Herausforderungen." Darum findet die Handernte auf dem Spitzenweingut extrem spät statt. Danach wird der Aglianico über zwei Jahre ausgebaut, davon neun Monate in französischen Barriques. So gelingt es, die Kraft des Weins zu bändigen. Dieser Rote bewegt sich mit federnden Schritten über den Gaumen und doch meint man jeden Muskel seines majestätischen Körpers zu spüren.

Im Wettstreit mit dem Aglianico um die rote Krone Süditaliens steht der aus . Ein herausragender Vertreter dieser antiken Kulturrebe ist der Vecchio Sogno von der Tenuta Giustini. Negroamaro erbringt mittelgewichtige Weine, die von ihrem feinwürzigen Fruchtspiel leben. Letzteres ist allerdings von der sengenden Sonne und der lässigen Haltung vieler Erzeuger gleichermaßen bedroht. Vecchio Sogno bedeutet alter Traum und eben diesen von einem Negroamaro, der die Kräuternoten und balsamischen Töne Süditaliens verbindet mit einer knackigen, rotbeerigen Frucht, erfüllt uns Winzerin Grazia Maria Longo in beglückender Weise.

So dürfen Sie auf höchstem Niveau wählen, ob der Aglianico oder der Negroamaro Ihr roter süditalienischer Favorit für den Wein-Olymp ist. Entscheiden können Sie das nach ausgiebiger Probe ganz in Ruhe bei einem Glas Falanghina. Der hat seinen Sitz schon sicher.

Gotthard Scholz
(WEIN NEWS Juli 2014)