Weihnachten auf Mallorca

Ganze 2969 Sonnenstunden haben die mallorquinischen "Horas de Sol"-Weine getankt. Soviel Speicherkapazität reicht locker, um den Schnee am Weihnachtsbaum zu schmelzen.

Es ist schon ein Trauerspiel. All diese Sangria aus Eimern trinkenden Ballermänner, die gar nicht mitbekommen, dass sie den allergrößten Trinkspaß verpassen, den bietet. Man ist versucht, ihnen "Haltet ein" zuzurufen und "Es gibt ein Glück auch ohne Kopfschmerz". Doch dann setzt sich der gesunde Egoismus durch und man macht sich klar: Wenn die alle anfangen, die großartigen mallorquinischen Weine zu trinken, dann bleibt nichts mehr für den Export. Und wie soll er dann überwunden werden, der winterliche Mallorca-Blues zwischen Pinneberg und Passau? Ohne Balearenwein? Geht gar nicht!

Der Weinbau auf Mallorca hat in den 2000er Jahren einen riesigen Sprung nach vorn gemacht. Dabei reden wir nicht von den diversen Boutique-Bodegas, die sich rund um die Prunkvillas von Pollença ausbreiten. Das ist Spielkram von Überbetuchten für Überbetuchte. Es geht um Traditionsbetriebe wie Macià Batle, die im Weinberg und Keller kontinuierlich an der Qualität gearbeitet haben und dabei verstärkt auf die autochthonen Rebsorten der Balearen setzen: den fantastischen roten Mantonegro oder den würzigen weißen Prensal. Die diesjährige Auszeichnung mit dem Bacchus de Oro für den besten spanischen Jungwein zeigt eindrücklich, dass Ramón Servalls i Batle den Betrieb seines Ur- Ur-Großvaters an die spanische Spitze geführt hat.

Einer der größten Geniestreiche von Ramón sind die Bodegas Santa Catarina. Die Tochterkellerei von Macià Batle befindet sich im Südwesten der Insel, nahe Andratx am Fuß des traumhaften Tramuntana-Gebirges. Dieses einst renommierte Anbaugebiet lag nach der Reblausplage fast ein Jahrhundert brach. Ramón Servalls i Batle weckte die Bodegas Santa Catarina aus dem Dornröschenschlaf und die Weine des Guts zeigen sich wunderbar wachgeküsst und trinkig. Unnötig zu sagen, dass die drei "Horas de Sol" nicht in den Plastikeimer gehören. Aber auch der mundgeblasene Burgunderkelch wird ihrem lebendigen Charme nicht gerecht. Diese Mallorquiner sind genau das, was viele Weine behaupten, aber nur wenige einlösen: auténtico. Das gibt der Weihnachtsmann seiner Familie.

Gotthard Scholz

(WEIN NEWS Dezember 2012)