Galicischer Zaubertank

Pazo Blanco Nunez, Adegas Terra de Asorei, Bodegas Attis

Die besten spanischen Weißweine wachsen im grünen Norden mit Meerblick unter der Pergola.

Wir befinden uns im Jahr 2016 n. Chr. Ganz ist von vanilligen Rotweinen besetzt… Ganz Spanien? Nein, eine von unbeugsamen Galiciern bevölkerte Region ganz oben im Nordwesten hört nicht auf, weißen Zaubertrank zu erzeugen. Das geheime Rezept verstecken die hinter unaussprechlichen Namen wie Treixadura und Albariño.

Zum Glück sind die Einkäufer von Rindchen angenehm altmodisch und entscheiden frei von Markterwartungen. Sonst wäre ein Wein aus der völlig unbekannten Rebsorte Treixadura vor drei Jahren niemals ins Sortiment genommen worden. Wer soll das denn kaufen, bitte sehr? Um es kurz zu machen: Alle! Der Wein erwarb sich bei Ihnen bereits im ersten Jahr einen legendären Ruf. Das ist umso erstaunlicher, als die Treixadura in ihrer galicischen Heimat ein Leben als Mauerblümchen fristet und nur als Ergänzungstraube in Cuvées Verwendung findet. Eine Fehleinschätzung, die Manuel Blanco Núñez von der Quinta das Tapias spielend widerlegt. Er begeistert uns dieses Jahr mit seinem bisher besten, reinsortigen Treixadura, der wundervoll zwischen Zitrusfrucht, floralen Noten und feiner Mineralik changiert.

Die Königin unter den Rebsorten Galiciens ist die Albariño. Sie gilt - im Norden Portugals unter dem Namen Alvarinho - als edelste weiße Traube der iberischen Halbinsel. So richtig in Fahrt kommt die Rebe allerdings nur auf den extremen Standorten der Rias Baixas, den Fjorden an der galicischen Westküste. Ganz nah am Meer, auf hart zu bearbeitenden Granitböden, umweht von der salzigen Seeluft und in einem Klima, das an Irland gemahnt, stehen die besten Albariño-Weinberge. Damit die Trauben unter diesen feuchten Bedingungen gegen Fäulnis gewappnet sind, werden sie im Pergola-System erzogen, also hoch über Kopf und damit gut belüftet unter einem Blätterdach. Die "Parrales", wie es galicisch heißt, erfordern ausschließlich Handarbeit, und die ist auch in Spanien nicht kostenlos. Dass die Albariño, die Weiße vom Rhein, deutschen Ursprungs sei, ist mittlerweile widerlegt. Die Rebe stammt autochthon aus Galicien. Doch bleibt der Vergleich zum Riesling durchaus treffend. Ein Albariño lebt von seiner nuancierten Frucht, seinem animierenden Spiel und seiner fast salzigen Mineralik. Die besten unter ihnen bestechen mit Genie und Athletik, wie es der "Genio y Figura" von den Bodegas Attis schon im Namen ankündigt. Alles gelingt leichter Hand mit einem Glas Albariño - außer einen Top-Wein unter 10 Euro zu finden. Das ist uns dieses Jahr auf wundersame Weise mit dem "Terra de Asorei" gelungen.

Darum: Hören Sie auf Ihren inneren Druiden. Ran an den Zaubertrank! Auch, wenn Sie als Kind darin gebadet haben.

Gotthard Scholz
(WEIN NEWS September 2016)