Schwester, Bruder und der dicke Cousin

Casa Agricola Alexandre Relvas

Portugiesische Seefahrerromantik im Glas: Zuwachs bei der Atlântico-Familie.

Mögen andere denken, was sie wollen. Wir von Rindchen jedenfalls sind dem Strukturfonds der Europäischen Union zutiefst dankbar. Dem ist es nämlich mit zu verdanken, dass sich der Unternehmer Alexandre Relvas vor gut zehn Jahren auf das Wagnis einließ, im strukturschwachen und als Weinregion bis dahin namenlosen südportugiesischen ein Spitzenweingut zu gründen. Von Wein verstand der Mann eigentlich recht wenig. Darum betraute er mit der Leitung des Gutes einen der jüngsten, gleichwohl besten Önologen des Landes: seinen Sohn Alexandre Relvas Junior. Der arbeitete nach seinem Weinbaustudium zunächst für Spitzengüter in . Die Relvas setzen bei ihrer Aufbauarbeit auf den unglaublich vielfältigen und vielschichtigen heimischen Rebenschatz. Und so schwer uns Traubennamen wie Alicante Bouschet, Trinca deira oder Antão Vaz über die Lippen gehen – so leicht fließen die Weine in die andere Richtung.

Angefangen hat die Erfolgsstory mit dem roten Atlântico. Dieser zum Teil im Barrique ausgebaute, trinkige und für seine Preisklasse erstaunlich komplexe eroberte die Gaumen wie die portugiesischen Seefahrer einst die Weltmeere. Letztes Jahr kam der dicke Cousin dazu, exakt der gleiche Wein wie in der Flasche, nur abgefüllt in 3 Liter Bag-in-Boxes – ein weiterer Meilenstein in punkto Preis-Genuss-Verhältnis. Dieses Jahr nun präsentieren wir Ihnen den weißen Bruder, den gewinnend sympathischen Atlântico Branco. Um das Qualitätsstreben der Relvas bei diesem Wein zu verdeutlichen: Nachtlese, Maischestandzeit, Vakuumpressung – solch technischen Aufwand betreiben andere Erzeuger nur bei ihren High End-Gewächsen. Wer also glaubt, für das Vereinte Europa zu viel zu bezahlen, der kann sich mit einem Kistchen Atlântico seinen persönlichen Einsatz für das Alentejo zurückholen.

Gotthard Scholz
(WEIN NEWS September 2015)