Die famosen Gewächse des Erwin Tinhof

Weingut Tinhof

Der Burgenländer stiehlt mit der unbekannten Rebsorte Neuburger und seinem Blaufränkisch so manchem großem Burgunder die Schau.

Erwin Tinhof kenne ich schon ewig lange – genauer, seit über dreißig Jahren, als er als blutjunger Spund eine winzige Parzelle im burgenländischen Eisenstadt mit alten, wertvollen Rebstöcken von seinem Onkel erbte und sich als Winzer versuchte. Mittlerweile hat er sich in der Spitze des österreichischen Weinbaus etabliert und erzeugt in der auf einem mächtigen Kalkstock gelegenen DAC Leithaberg ungemein spannungsreiche, vor Leben vibrierende, biologisch angebaute Gewächse, die den Gaumen in Ekstase versetzen.

Dies gilt in Sonderheit für seinen phänomenalen Neuburger, eine autochthone burgenländische Rebsorte, von der nur 200 Hektar existieren und von der Erwin immerhin stolze 6% der Welt-Rebfläche sein Eigen nennt. Der spontanvergorene, ewig auf der Hefe gelagerte, im großen Holzfass ausgebaute Ausnahmetropfen besticht mit einer wahnsinnig lockenden, an frische Walnusszesten, Haselnüsse und Blüten gemahnenden Nase, liefert dann im Gaumen einen echt trockenen, fordernden Antritt, bevor er im Mund in Breite und Tiefe förmlich explodiert und mit schier endlosem Nachhall ausklingt.

Manchmal, ganz selten, wenn ich einen wirklich perfekten Tropfen im Glase habe, wünsche ich mir, ca. 1cm groß zu sein und am Glasrand ein kleines Sprungbrett zu haben, von dem aus ich mich in die Tiefe und in den Wein hineinstürzen kann – Erwins Neuburger zählt definitiv dazu. Qualitativ und von der Komplexität lässt er sich mindestens mit großen Burgundern aus der 50–100 €-Liga vergleichen – und Sie sollten ihn auch im großen Burgunderschwenker genießen und servieren.

In einer ähnlichen Liga spielt auch sein roter Bruder, der Blaufränkisch Leithaberg. Ebenfalls im großen Holz spontan vergoren und lange auf der Hefe gelagert zeigt auch er einen ungemein vitalen, spannungsreichen Charakter. Schieferrot, mit lebendigen Tanninen und schöner Säurestruktur zählt er zu den eleganteren Vertretern unter den , was ihn mir ungemein sympathisch macht: kein tiefschwarzer, vanilliger Blockbuster, sondern im Spannungsfeld zwischen bedeutendem Burgunder und beeindruckendem Barbaresco angesiedelt.

Kurzum: Es ist mir eine Herzensangelegenheit, Ihnen diese charaktervollen Weine zu empfehlen

Gerd Rindchen
(WEIN NEWS Februar 2019)