Der Traum vom Süden

Tenuta Giustini

Dunkelheit, wo ist dein Stachel? Dank der süditalienischen Weine der Tenuta Giustini sehnen Sie sich förmlich nach langen Herbstabenden auf dem Sofa.

Mit 50 hat man noch Träume. Zumindest, wenn man Giuseppe Papadopoli heißt und apulischer Weinbauer in dritter Generation ist. Der träumte seit Jahr und Tag von einem Primitivo oder einem Negroamaro, also den klassischen Rebsorten seiner Heimat, die als Rotwein genauso knackig und begeisternd schmecken, wie die Trauben, die er mit Hingabe in seinen Weingärten erzeugt. Klingt banal, ist es aber ganz und gar nicht. Wir befinden uns in Apulien und hier setzen die allermeisten Güter immer noch auf flüssige Marmeladen von möglichst unauffälligem Wesen. Also schritt Giuseppe Papadopoli selbst zur Tat: Vor rund zehn Jahren füllte er auf seiner Tenuta Giustini – benannt nach dem ältesten Familienweinberg – den ersten eigenen Wein. Er nannte ihn Vecchio Sogno, was übersetzt alter Traum bedeutet. Doch sein Dreamliner hob nicht so recht ab. Das hatte nichts mit dem Produkt, aber viel mit dessen – wie es neudeutsch heißt – Kommunikationsbedürftigkeit zu tun. Weinhändler stolpern ja nicht zufällig in apulische Keller. Darum tat Giuseppe Papadopoli etwas, das so gar nicht ins süditalienische Klischee passt: Er holte sich mit Angelica Bisci und Marianna Cionfoli zwei junge Frauen als Teilhaberinnen mit ins Boot. Nicht, weil sie zur Familie gehörten und auch nicht, weil sie mit Geld winken konnten, nein, einzig allein, weil er ihnen wegen ihres jugendlichen Elans mehr Traumverwirklichungskompetenz zutraute. Wer immer die Möglichkeit hat, die studierte Germanistin Angelica Bisci Ende Oktober auf unserer Hausmesse kennenzulernen, wird Giuseppe Papadopolis Entscheidung nachvollziehen können.

Frische, Sortentypizität, Trinkigkeit – das sind heute die drei Säulen der Tenuta Giustini. Um Missverständnissen vorzubeugen: Auch diese Roten sind sonnendurchtränkt und ihre Tannine wunderbar sanftmütig. Doch sie präsentieren sich gleichzeitig mit selbstbewusster Knackigkeit und schrecken auch vor spannungsreicher Primärfrucht nicht zurück. Und so erleben Sie vielleicht zum ersten Mal einen Primitivo, der sich lebhafter Noten von Kirschen und roten Beeren erfreut oder einen Negroamaro, der zur Frucht auch eine feine Veilchennote beisteuert.

Dieser etwas andere Geschmack entsteht in den Weinbergen. Die befinden sich auf der Westseite der Halbinsel Salento, dem italienischen Stiefelabsatz, teilweise gerade mal einen Kilometer entfernt vom Tyrrhenischen Meer. Die lehmigen Böden speichern Wasser, was unter der apulischen Sonne vor Hitzestress bewahrt. Die kühlende Brise vom Meer erhält die Säure der Trauben ebenso, wie die salzige Luft für eine angenehme mineralische Ader sorgt. Die von Hand selektierten Trauben werden ausschließlich im Stahltank bei außergewöhnlich niedrigen Temperaturen ausgebaut, um jegliche Form von Oxydation zu vermeiden. Das Ergebnis ist das, was die Italiener purezza nennen: Weine mit klarer, reiner, purer Aroma tik. Gehört nicht ewige Jugend zu den ältesten aller Träume? Wir hätten da ein paar Elixiere, die Sie unbedingt probieren sollten.

Gotthard Scholz
(WEIN NEWS Oktober 2016)