Verschiedene Weinsorten in edlen Gläsern präsentiert

Zwischen Rhône und Flamingos

Domaine Le Grand Castelet

Dreifacher Salto aus dem Stand: Die brandneue südfranzösische Weinregion Alpilles Das Nichts nichtet.

Der Philosoph Martin Heidegger lag mit seinem Denken zwar meist daneben. Doch dieser Satz beschreibt treffend die Situation des Weinbaus im östlichen Rhône-Delta. Dort, zwischen dem Gebirgszug der Alpilles und der Camargue, endete die Lebensleistung vieler Winzergenerationen in den Großtanks der Massenabfüller. Aus dem Nichts ins Anonyme sozusagen. Vor gerademal zehn Jahren taten sich deshalb Nicolas Gallego und eine Handvoll ambitionierter Mitstreiter zusammen, um diese Namenlosigkeit zu beenden. Sie gründeten die geschützte geografische Bezeichnung Alpilles IGP. Der Verbund brachte es binnen Kurzem auf über 1000 Hektar Rebfläche und wächst damit so rasant wie die Anerkennung unter den Fachleuten.

Die Familie Gallego fand zu den Zeiten Napoleons den Weg von Spanien ins Rhône- Delta. Seither ist sie Wanderer zwischen den Welten. Die wirtschaftliche Lage trieb sie beruflich immer wieder nach Kastilien. Nicolas arbeitete dort wie einst sein Vater als Önologe. "Mit der Alpilles IGP haben wir erstmals die Möglichkeit, das fantastische Terroir unser Familienweinberge von Le Grand Castelet einem Publikum nahezubringen", sagt Nicolas Gallego. "Darauf haben wir 200 Jahre gewartet!" Zu den Besonderheiten der teilweise direkt an der Rhône stehenden Rebgärten gehören auch die raren Neuzüchtungen Caladoc und Marselan, die für Le Grand Castellet eine herausgehobene Bedeutung haben.

Nur 12,5 % vol Alkohol sind in der Hitze des Deltas ein önologisches Statement. Die Gallegos versuchen es definitiv nicht mal mit Gemütlichkeit und Überreife. Die Weine haben Zug, eine knackige Frucht und eine faszinierende, kräutrig-pikante Note mit hohem Wiedererkennungswert. "Unser größter Verbündeter ist der Mistral", sagt Nicolas Gallego. "Wir haben sogar die Weinberge nach ihm ausgerichtet, weil er uns Kühlung bringt. Und den salzigen Kräuterduft der Camargue hat er gleich mit im Gepäck." Nur die Wildpferde und die Flamingos, die müssen Sie sich selbst dazu denken.

— Gotthard Scholz WEIN NEWS August 2020