Der Romantiker von Colchagua

Bei Casa Silva vertraut man dem magischen Moment
– aber nicht dem Zufall!

Der Mann kann Tempo machen. Um die Jahrtausendwende fasste Mario Pablo Silva den Entschluss, den besten Wein Chiles zu erzeugen. Bis dato hatte Casa Silva nur anonymen Fasswein abgeliefert. Bereits ein gutes Jahrzehnt später hatte er sein Ziel erreicht mit einem später zum besten Carménère des Landes gekürten Wein. Im Herzen ist Mario Pablo Silva ein Romantiker, hängt er doch dem Herkunfts-Gedanken an: Großer Wein entsteht in einem magischen Moment, in dem Boden, Rebe, Klima und Winzerpersönlichkeit zueinanderfinden. In Chile dagegen hält man bis heute wenig von solchen Ideen. Alle Weinberge gelten als mehr oder minder gleich. Verwirklicht hat Mario Pablo Silva seine Terroir-Vision allerdings nicht auf romantische, sondern höchst strategische Art. 

Die Analyse der Familienweinberge erbrachte eher ernüchternde Ergebnisse. Also machte er sich auf die Suche nach alten Rebanlagen im Valle de Colchagua, die in perfektem Mikroklima auf dem für die jeweilige Traube besten Böden standen. Diese kaufte Casa Silva kurzerhand auf. Wie gesagt, in Chile ist ein Weinberg ein Weinberg, und das Investment war gemessen am Potential überschaubar. Die Reben für die Carménère Reserva und das Aushängeschild Quinta Generación stehen in Los Lingues, einem hoch gelegenen, gut durchlüfteten Seitental am Fuß der Anden, dessen sandige Granitböden denen in Bordeaux ähneln. Die Syrah hingegen mag steinige Schwemmlandböden wie an der Rhône, die sich 30 Kilometer vom kühlenden Pazifik in der Lage Lolol finden. Nun kommt noch die Persönlichkeit von Mario Pablo Silva ins Spiel und – voilà – das Ergebnis ist pure Romantik im Glas. 

— Gotthard Scholz