Der dritte Mann und die Ameisen
Weingut Killikanoon und Weingut Lake Breeze
Die Rebsorte fühlt sich im Süden Australiens ausgesprochen wohl. Aber neben Klima und Boden spielen noch andere Dinge eine wichtige Rolle: Männerfreundschaften und kleine Tiere.
So fangen solche Geschichten immer an: sie haben sich vor 14 Jahren in einer Kneipe kennengelernt. Auf der einen Seite des Tresens der bodenständige Kevin Mitchel, aufgewachsen in einer Winzerfamilie im australischen Clare Valley, wo der Wein qua Geburt durch die Adern fließt. Gegenüber saß Nathan Waks – der begnadete erste Cellist des Sydney Symphony Orchestra: spontan, begeisterungsfähig, weltgewandt. Die Liebe zum Wein hatte er während seiner Ausbildung am Pariser Konservatorium aufgeschnappt. Zwei ziemlich unterschiedliche Typen, das war schnell klar. Aber tiefer Respekt vor dem Wissen und den Fähigkeiten des anderen führten zum Gedanken, dass "wir zusammen wahrscheinlich unschlagbar sind!" Und so begann mit dem Einstieg von Nathan Waks der Aufstieg von Kilikanoon zu einem der führenden Weingüter des Landes (James Halliday 2013: "Australian Winery of the Year").
Nun ist die Geschichte aber noch nicht ganz fertig. Denn zum Wein, den wir Ihnen heute präsentieren, fehlt noch der dritte im Bunde – wenig überraschend: Weinhändler Gerd Rindchen, seit 2005 begeisterter Importeur der Kilikanoon-Weine. "Jungs", sagte er bei einem entspannten Gläschen Rebensaft, "macht doch in den besonders guten Shiraz-Jahren einen Top-Wein mit dem Namen "The Cello". Da schauten sich Kevin und Nathan an: "Hätten wir auch mal selber draufkommen können." "Seid ihr aber nicht", sagte der dritte Mann am Tresen und schenkte noch ein Tässchen nach…es geht doch nichts über Männerfreundschaften.
Im zweiten Teil unserer Australiengeschichte geht es um Männer, die was aushalten müssen. Es spricht schon für einen gewissen Humor, wenn man seinen Wein nach
einer Ameise benennt, die den Erntehelfern manchmal ziemlich schmerzhafte kleine Bisswunden zufügt. Die Bullenameise (Bullant) schätzt offensichtlich Weinreben, kann
2 bis 4 cm lang werden und verfügt über wirklich respekteinflößende Scherenzangen.
Vielleicht ist es aber gar nicht der Humor, sondern schlicht die ökologische Selbstver-ständlichkeit, mit der ein Winzer wie Greg Follett seine Flora und Fauna akzeptiert: Die Region Langhorne Creek liegt eingebettet zwischen den Adelaide Bergen und dem Lake Alexandrina. Das trockene südaustralische Klima ist durch den Gegensatz von heißen Nord- und kalten Südwinden geprägt. Letztere haben eine längere und damit gleich-mäßigere Reifeperiode zur Folge. Hinzu kommt der besonders reichhaltige, sandige Schwemmlandboden, der durch das allwinterliche Überfluten mit den Wassern des Lake Alexandrina und des Bremer River entsteht. Überschwemmte Weinreben – damit hat wahrlich nicht jeder Winzer zu tun.
Greg Follett führt das 90-Hektar-Familienweingut zusammen mit seinen zwei Schwestern und zwei Brüdern in der vierten Generation. Für die Erzeugung von Weinen
der internationalen Spitzenklasse scheut er keinen Aufwand. So ließ er vor zehn Jahren einen neuen Keller mit kleinen, nach oben offenen Gärbottichen bauen, die es ihm ermöglichen, sich auf einen traditionellen Stil der Weinherstellung zu konzentrieren. Für die Flaschenweinproduktion sind ausschließlich die besten Trauben der ältesten Rebstöcke vorgesehen – mehr als 60 % der Ernte werden an große Kellereien verkauft.
Die Fokussierung auf Qualität trägt (goldene) Früchte: Lake Breeze räumt auf australischen Wein-Shows unfassbar ab: 37 Siegerpokale und 134 Goldmedaillen sammelte Ken Follet seit 1994. Mit einem Wort: Champions-League-Niveau. Da lässt
sich der eine oder andere Biss leicht verschmerzen…
Wendelin Niedlich
(WEIN NEWS Juni 2015)