Die Hedonistin, der Filou und der Grandseigneur

Bodega Atamisque

Beim argentinischen Weingut Atamisque ist jeder Wein ein Statement.

Wir haben es schon oft gesagt und wir bekräftigen es immer wieder gern: Das Weingut Atamisque ist eine Klasse für sich. Die Bodega liegt auf 1300 Meter Höhe am Fuß des Vulkans Tupungato. Hier entstehen Weine, die sich in allem von der "Flachware" der anderen, einige hundert Meter tiefer liegenden Weinberge in unterscheiden: mehr Finesse, mehr Spannkraft, mehr Aromen. Der Eigentümer John du Monceau und der Önologe Philippe Caraguel verbinden auch biographisch französischen Esprit mit argentinischem Herzblut – nachzuschmecken in ihrem Viognier, Pinot Noir und Cabernet Sauvignon.

zählt zu der Handvoll weißer Edelreben dieser Welt. Die renommierte Weinjournalistin Jancis Robinson bezeichnet Viognier euphorisch als die Hedonistin unter den Trauben – vor allem wegen ihrem verführerischen, Lust verströmenden Duft von getrockneten Aprikosen, Geißblatt und einem Hauch Moschus. Und dennoch war vor einer Generation der Bestand dieser großen Traditionsrebe von der auf gerade mal 14 Hektar geschrumpft. Dass es heute das 1000-fache ist, lag definitiv nicht an den Europäern. Es waren Übersee-Weingüter wie Atamisque, die den unvergleichlichen Geschmack mit ihrem Viognier "Serbal" gerettet und weiterentwickelt haben. Seien Sie neugierig!

Dem wird bei uns zu viel Ehrfurcht und zu wenig Trinkfreude entgegengebracht. Ich habe nie verstanden, warum diese Rebsorte hierzulande als kompliziert gilt. Komplex ja – wenn man darunter versteht, dass die Weine rote Beerenaromen und Mandelnoten in Hülle und Fülle bieten. Ansonsten ist der Pinot Noir aber eher ein Filou – gerbstoffarm, knackig und charmesprühend. Genau wegen dieser leichtsinnigen Eigenschaften ist er in oder so überaus beliebt (nur so am Rande: komplizierte Weine hätten da noch weniger Chancen als bei uns) – vor allem wenn er sich im kleinen Holzfass einen angenehmen würzigen Touch abgeholt hat wie der Pinot Noir "Catalpa" von Atamisque.

ist als kompletteste und vielseitigste Traube der unangefochtene Grandseigneur im Rebenreich. Achtzehn Monate verbrachte der Cabernet Sauvignon "Atamisque" in ausschließlich nagelneuen Barriques aus französischer Eiche. Doch diese geballte Ladung von Toffee-Noten und Röstaromen aus dem Fass bringt die mächtige Substanz der handselektierten, besten Trauben des Gutes nicht ins Wanken. Taufrisch leuchtet die Schwarze-Johannisbeer-Frucht aus dem Glas und die knackige Paprikanote zeigt sich überaus animierend. Im großartigen Cabernet Sauvignon "Atamisque" wandeln sich Neuholz- Noten und das dichte, gute, süße Tannin der Trauben in samtene, schokoladige Würze. Haben wir schon gesagt, dass Atamisque eine Klasse für sich ist?

Gotthard Scholz
(WEIN NEWS April 2016)