Die Vermessung der Rebe

Weingut Spier

Zwei Männer mit Visionen: einer schuf mit der die wichtigste Rebsorte seines Landes, der andere ein großes Weingut – Weingut ist stark untertrieben.

Rein theoretisch ist der Himmel überall gleich groß. Aber in – wie auch immer die das schaffen – ist es anders: wer nach oben schaut – irgendwo in der Nähe des Kaps der Guten Hoffnung – findet keinen Halt, die Weite scheint unendlich. Auch unten am Boden hat das Land viel Platz. Zum Beispiel für Pioniere wie Abraham Isak Perold. 1880 in Kapstadt geboren studierte er Mathematik, Physik und Chemie in Stellenbosch/Südafrika und Halle/Deutschland. Dass er ausgedehnte Studienreisen nach Frankreich unternahm, sollte später eine große Bedeutung erlangen, denn irgendwann schob er die trockene Mathe-Materie beiseite und baute den Fachbereich Önologie an der Uni Stellenbosch auf. 177 Rebsorten aus aller Welt brachte er im Regierungsauftrag nach Südafrika – und experimentierte. Sein größter Coup war die Kreuzung von Pinot Noir und Hermitage (Cinsault), die ihm 1924 gelang. Aber die Geschichte ist oft gemein und widersinnig: die vier Samen wurden in seinen privaten Garten gepflanzt, lange nicht weiter beachtet und gelangten erst – nach vielen Irrungen und Zufällen – zu Weltruhm, als die fast gänzlich unbekannte Rebsorte Pinotage auf der Cape Wine Show 1959 sämtliche arrivierten Cabernets auf die Plätze verwies.

Geschichte wiederholt sich nicht, aber manchmal gibt es Parallelen. Das erste Weingut Südafrikas, gegründet 1692, war ebenfalls so eine unbeachtete Angelegenheit. Nur ein paar Kilometer von Stellenbosch entfernt zeigte es ernsthafte Verfallserscheinungen. Dick Enthoven nahm sich dieses Gutes an, hatte eine Vision und – als Eigentümer einer Versicherung und einer weltweit erfolgreichen Restaurantkette – auch den finanziellen Spielraum. Heute ist Spier ein Weingut, eine organische Farm, ein Hotel, ein Kongresszentrum mit mehreren Restaurants. Alles ist gehalten in fein restaurierter kapholländischer Architektur. Und die Sache mit dem Wein löste er wie folgt: Man muss nicht alles wissen. Aber wissen, wer es weiß. Dick Enthoven sicherte sich die Dienste von Frans K. Smit, dem wohl hochbegabtesten Winemaker unter dem weitem südafrikanischem Himmel. Und was uns Frans besonders sympathisch macht: Er nutzt seine unglaublichen Kapazitäten nicht nur, um 70-Euro-Flaschen auf den Markt zu werfen (kann er auch!), sondern Menschen wie Dich und mich mit großartigen, bezahlbaren Weinen zu versorgen. Und an dieser Stelle kommt Rindchen’s Weinkontor ins Spiel: Wir lieben so was – und Ihnen wird es nicht anders ergehen!

Wendelin Niedlich
(WEIN NEWS August 2016)