
GERDS WELT - Spaghetti Aglio Olio e Peperoncino alla Papa
Genau zur Hälfte seines Lebens, im Alter von 42 Jahren, entbrannte mein Vater bei unserem ersten Süditalien-Urlaub jäh in Liebe zum Land, italienischer Pasta im Allgemeinen und Spaghetti Aglio Olio e Peperoncino im Besonderen. In seinen reiferen Jahren brachte er es zu großer Kunstfertigkeit in der Zubereitung dieses Gerichtes, und wenn meine Eltern zum Spaghetti-Essen luden, kamen immer alle gern. Die Zubereitung ist relativ einfach, wobei das A und O der ganzen Angelegenheit die Temperatur des Olivenöles ist. Und so wird’s gemacht: Sie schälen viel, viel Knoblauch, je nach Appetit und Mut gern acht bis zwölf Zehen pro Person. Entweder haben Sie frischen, dann ist alles chico. Wenn er nicht mehr ganz jung ist, halbieren Sie als erstes die geschälten Zehen und holen die grünen Keime raus. Diese sind es nämlich, die den Knoblauch weniger bekömmlich und strenger riechend machen. Wenn Sie sorgfältig entkeimt oder frischen keimlosen bekommen haben, können Sie erstaunliche Mengen davon verzehren, ohne am nächsten Tag Ihrer Umwelt zur Last zu fallen. Die halbierten Zehen schneiden Sie, je nach Größe, in jeweils vier bis sechs Stückchen. Dann halbieren Sie scharfe, getrocknete Peperonischoten, schmeißen die Kerne weg und schneiden die Hälften in dünne Streifen – pro Person reichen je nach gewünschtem Schärfegrad 0,5 – 2 Schoten. In einem kleinen Topf lassen Sie sehr gutes Olivenöl (ich empfehle unser edles apulisches in der Literdose, das hat sogar schon mal den FEINSCHMECKER-Olivenöltest gewonnen) bei mittlerer Hitze vorsichtig heiß werden und geben von Anfang an den geschnittenen Knoblauch und die Peperonistreifen hinein. Der Knoblauch sollte vollständig vom Öl bedeckt sein. Nun beobachten Sie das Öl genau: Wenn es anfängt, kleine Bläschen zu schlagen, drehen Sie die Hitze runter auf Stufe 2 oder 3. Der Knoblauch muss ganz allmählich garen – dann wird er nicht bitter sondern schön weich und aromatisch und gibt allmählich Aroma an das Öl ab. Wenn er beginnt sich ganz zart hellbraun zu verfärben müssen Sie nur noch salzen – ansonsten ist Ihre Sauce fertig und Sie lassen sie nur noch bei Stufe 1 oder 2 weiter ziehen. Die Spaghetti (vorzugsweise unsere neapolitanischen Bronzeguss-Biospaghetti) kochen Sie in reichlich sprudelndem Salzwasser "al dente", lassen sie abtropfen, tun sie in eine Schüssel und heben sofort das Knoblauchöl darunter – fertig! Wenn Sie unserer Familientradition nacheifern möchten, servieren Sie dazu in feine Streifen geschnittenen Endiviensalat mit roten Zwiebeln.
Es grüßt Sie herzlich
Gerd Rindchen
(WEIN NEWS August 2016)
POST SCRIPTUM
Und was trinkt man dazu?
Mein Vater mochte am liebsten den Chianti Classico von I Sodi. Mein absoluter Favorit ist ebenfalls ein Chianti Classico, und zwar der grandiose 2011er von Castello di Cacchiano.