Der Höhepunkt Siziliens

Porta del Vento

Systematisch suchen wir für Sie die schönsten Weine der Welt. Doch gelegentlich muss man einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein!

Manchmal schreibt das Leben die besten Geschichten: Als wir während unseres einwöchigen Sommerurlaubs das barocke Noto im Südosten Siziliens besichtigten, fragte ich beim anschließenden Lunch - wie immer - nach einem trockenem mineralischem Weißwein. Ohne zu zögern, empfahl uns die Sommelière den Catarratto von Porta del Vento - eine geschmackliche Offenbarung und der spannendste Wein, den ich jemals aus Sizilien getrunken habe. Unter Aufbietung all meines technischen Know-hows griff ich zum Smartphone, um das Etikett abzulichten (mache ich sonst nie!), weil ich mir fest vornahm, nach der Urlaubswoche dieses Weingut ausfindig zu machen. An unserem letzten Abend in Ortigia, bevor wir in den Nordwesten der Insel aufbrechen wollten, um unsere Rindchen-Winzer zu besuchen, erzählte ich dem Sommelier im Top-Fischrestaurant "Don Camillo", dass wir Weinhändler sind - und er fragte mich, ob wir einen interessanten Winzer kennenlernen wollten, der zufällig im Restaurant zu Besuch sei. Sekunden später stand vor uns Marco Sferlazzo, der charismatische Kopf von - na was wohl? - Porta del Vento! Und da sich sein Weingut unweit Palermos in der Nähe unserer anderen Erzeuger befindet, statteten wir ihm zwei Tage später, auf dem Weg zum Flughafen, einen Besuch ab. Da standen wir also auf 600 Meter Höhe mit atemberaubendem Ausblick am höchsten Punkt von Sicilia occidentale, bewunderten die teils sehr alten, kerngesunden, biodynamisch angebauten, stets von kühlenden Winden umfächelten Reben - und durften hinterher die wohl spannendste Weinprobe, die auf derzeit möglich ist, genießen. Marco, studierter Pharmazeut, arbeitete einst in der Industrie, erwarb dann eine große Apotheke in Palermo - aber wollte eigentlich immer nur Wein machen. Oberhalb von Camporeale, in den höchstgelegensten Weinbergen, fand er dann die perfekten Trauben, kaufte den Bauern das Land ab und errichtete seine kleine Boutique-Winery. "Als wir ankamen, gab es hier nichts - kein Wasser, keinen Strom, keine Kanalisation", erzählt er. Aber der besessene Qualitätsfanatiker und Tüftler gab nicht auf, bis er einen perfekt ausgestatteten Keller und darin Stück für Stück seinen Traum verwirklicht hatte, große sizilianische Weine aus autochthonen Reben zu produzieren. Ich habe viel von dieser Insel probiert - aber Marcos Weine ragen heraus als geschliffene, unglaublich klar konturierte und ungemein mineralische Unikate von großer Brillanz und Strahlkraft. Und es ist mir eine große Freude Ihnen diese Weine erstmals in Deutschland präsentieren zu können.

Gerd Rindchen
(WEIN NEWS November 2016)