Prinzessin Falanghina und ihre Brüder

Fontanavecchia

Das Hinterland von Neapel birgt mit Falanghina, Greco und Fiano drei der besten Weißweine Italiens.

Kampanien ist eine Welt für sich. Vierspurige Straßen, die im Nichts enden. Navis, die nahtlos von kein Empfang in Kreisverkehr schalten. Und Dorfbars, die – kein Scherz – weder Weißwein führen geschweige denn den Weg zu Winzern kennen. Aber wenn man dann hoch droben auf der Terrasse vom Weingut Fontanavecchia steht und den Blick über die Weinberge in eine grandiose, schier unendliche Landschaft schweifen lässt, ist alles gut. Mehr als gut.

Die Weinregion Sannio um die Stadt Benevento hat seit der Jahrtausendwende einen Qualitätsschub erlebt, der sie – da lege ich mich mal fest – in die absolute Spitze Italiens katapultierte. Als berühmtester Winzer der Region hat Libero Rillo daran einen alles andere als bescheidenen Anteil. Der eigentliche Star im Sannio allerdings ist eine fast Ausgestorbene. Von der Falanghina gab es vor einer Generation gerade noch eine Handvoll Rebstöcke. Aromatisch passt sie so gar nicht in das Klischee des Südens: straff , lebendig, mit schönem Fruchtspiel und einfach hinreißend. Ihr Name klingt nicht nur nach Prinzessin, sie schmeckt auch so.

Den Gegenpart nimmt der Greco ein: opulent und burgundisch. Im Weinberg ist Greco eine dünnhäutige Diva. Spätreifend und wetteranfällig verlangt die Rebsorte den Winzern ein Maximum an Präzision ab. Sie dankt es mit einem Aromareichtum, der seinesgleichen sucht. Den Dritten im Bunde, Fiano, könnten all die Glücklichen kennen, die ihre Hochzeitsreise an der Amalfi küste verbracht haben. Was ein gutes Stichwort ist. Denn der Fiano von Fontanavecchia zeigt sich so sinnlich, sanft und von feinen Blütendüften umwoben, wie die nächtliche Brise, die ins Hotelzimmer weht. Die Weine von Fontanavecchia lassen Sie eben alles – nur nicht schlafen.


—  Gotthard Scholz
(WEIN NEWS Juli 2021)