Tropische Nächte
Extremes Wetter, Hitze, Starkregen.
Der 2023er-Jahrgang forderte Nicolas Michels ganzes Können. Zum Glück liegt sein Schlossmühlenhof im "Kühlen Grund".
"Es war unangenehm." Nicolas Michel seufzt, wenn er an das Weinjahr 2023 zurückdenkt. "Enormer Aufwand im Weingarten. Viel händische Selektion. Bei den Wetterkapriolen wusste man nicht, soll man die Blätter dranlassen oder abschneiden. Dürre bis in den Juli, dann Starkregen." Klingt für uns wie der schwierige Sommer 2021. Zur Erinnerung: Selbst hier schaffte es Nicolas bei den maßgeblichen Weinkritikern qualitativ und somit punktemäßig noch eine Schippe draufzulegen. Es war uns also nicht bang, als wir Fassproben bestellten. "Das Fiese waren jedoch die heißen, tropischen Nächte", gibt er zu Papier. Das bedeutet nämlich mitnichten ein Plus an Exotik. Im Gegenteil. "Für die perfekte Phenolische Reife und die Aromabildung ist nächtliche Kühle dringend vonnöten. Außerdem geht sonst die Frische flöten."
Natürlich hat er es schlussendlich wieder geschafft, hervorragende Weine zu präsentieren. In einem hoch gelegenen Tal – im "Kühlen Grun" – liegen die Weingärten des Schloßmühlenhofs oberhalb der größten Hitze. Diesen Vorteil konnte Nicolas Michel voll ausspielen. Dazu waren bei der Lese ein waches Auge sowie ein fixes Händchen gefragt. Und natürlich Erfahrung. Die gibt es glücklicherweise zuhauf. Schließlich wird das Gut in sechster Generation von den Michels geführt.
So dürfen wir uns auch dieses Jahr über Deutschlands besten Sauvignon Blanc unter € 10 freuen. Mit einer brillanten rheinhessischen Interpretation des neuseeländischen Stils. Am meisten überrascht hat mich seine Cuvée aus Weißburgunder und Chardonnay. Knapp 10 % des Weines reiften in neuen französischen Eichenfässern. Was dem Wein neben der Frische einen ganz behutsam hingetupften Schmelz an die Seite stellt. Den kann auch sein Grauburgunder "Morgenrot" vorweisen. Er liegt zur Mazeration zwei bis drei Tage auf den Beerenschalen, woher auch die zartrosa Reflexe kommen.
Kurz: Wir lieben die fangfrischen Glanzstücke aus dem"Kühlen Grund."
— Roman Bergold
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