Gran Tempranillo

Francisco Casas, Bodega Mas que Vinos

Dass Spaniens Paraderebe mit die lagerfähigsten Weine der iberischen Halbinsel hervorbringt, ist kein Geheimnis. Dass viele großartige Exemplare gar nicht aus der Rioja kommen schon.

Es ist an der Zeit unseren gereiften Granden eine Bühne zu bieten. Alle Welt spricht von dry-aged Beef. Wir feiern lieber unsere ebenfalls trocken gelagerten – und trocken ausgebauten – Tempranillos, die dazu auch ein hervorragendes Food-Pairing abgeben. Als Rindchen freuen wir uns immer inständig, wenn wir an Qualitäten im besten Alter kommen. Weil wir nie die Selbstbeherrschung aufbrächten die schönen Buddeln liegen zu lassen.

Vor allem wenn sie so viel Freude bereiten wie die Reserva von Francisco Casas. Der wirkt in der DO Toro, im Nordwesten unweit der portugiesischen Grenze. Noch immer ein Geheimtipp! Obwohl Kritiker wie Parker & Co dort mit Lobeshymnen geradezu um sich werfen. Wir schließen uns an: Soviel Tiefe und Extrakt haben wir selten erlebt. Dabei kommt der 2016er, auch dank nächtlicher Handlese, noch derart taufrisch daher, dass man fast meinte, er könnte sogar das biblische Alter der bis zu 100-jährigen Reben erreichen, von denen er stammt. Genug Konzentration hätte er.

Die Powerfrau Alexandra Schmedes ist im Hauptberuf Önologin unseres legendären Heras Cordón in der Rioja. Mit großen Spaniern kennt sie sich also aus. 1999 ergab sich die Gelegenheit mit zwei Freunden ein eigenes Projekt südlich von Madrid zu verwirklichen, die Bodegas Mas Que Vinos. Dort keltert sie – exklusiv für Rindchen – mit dem "Tres Anforas" ihren vielleicht spannendsten Wein. Er wird in großen Amphoren vinifiziert und reift anschließend noch etwas im Barrique. Freakig ist jedoch allein der Ausbau, aromatisch gibt er sich ganz klassisch und von beeindruckender Statur.

Man ist ja bekanntlich immer so jung wie man sich fühlt, und niemand hat das so ausgezeichnet verinnerlicht wie unser guter alter Freund Tempranillo.

—  Roman Bergold
(WEIN NEWS August 2021)