Gardasee mit wachem Blick

Weingüter Agricola Cottin und Azienda Agricola Feliciana

Wer eine knackige Frucht nicht scheut und auf Samt am Gaumen auch mal verzichten kann der findet am Gardasee ein Rotwein-Paradies.

Die Aussicht vom Monte Baldo duldet nichts Schwermütiges im Glas. Weit unter sich sieht man die Surfer vor Riva del Garda auf dem tiefblauen See. Im Süden lassen sich Sirmione und die lombardischen Weinberge erahnen. Und wer eine Wanderung nicht scheut, dem öffnet sich der Blick auf die legendären Weinterrassen der Valpolicella.

Nun will ich niemandem ausreden, sich der meditativen Sanftmut eines Amarone oder Ripasso hinzugeben, die auch Kinder dieser Landschaft sind. Aber der Sommer gehört für mich eindeutig dem Valpolicella Classico oder dem raren Groppello, die mit wachem Blick und aromatischem Leichtsinn nach dem guten Leben greifen.

Im Valpolicella übertragen die vier Cottini-Geschwister die Grundregel der italienischen Küche auf das Weinmachen: Nimm wenige Zutaten – aber davon die besten. In ihrem Classico sind es Kirschen, Mandeln und ein Hauch Orangenzeste. Um diese schlichte Komposition zum Strahlen zu bringen, bedarf es allerdings des Willens zur Perfektion. Die Cottinis bewirtschaften rare Terrassen bei Valgatara, jener Kernzone, in der sich beste Lagen und Topgüter ein Stelldichein geben. Corvina und Rondinella heißen die traditionellen Rebsorten. Beide gelten als Diven, die ihr Bestes nur hergeben, wenn man sie rund um die Uhr verwöhnt. Das ist der Familie Cottini mit Bravour gelungen.

Massimo Sbruzzi ist ein Tausendsassa. Auf Feliciana betreibt er einen Agriturismo, ein Restaurant, macht bekanntermaßen einen Lugana wie kein Zweiter – und er kann Rotwein. Sein "Feliser" ist wie Massimos Lächeln, seine superbeerige Frucht lässt einem schlicht das Herz aufgehen. In diesem Wein vereint der Brescianer die traditionellen Rebsorten der Region. Dabei schlägt sein Herz vor allem für den bedrohten, autochthonen Groppello, dessen Bestand nur noch wenige hundert Hektar beträgt. Ihm verdankt der "Feliser" seine unwiderstehliche Himbeernote. Allein für diese Entdeckung lohnt es sich, dem Gardasee einen kulinarischen Besuch abzustatten.