Lasst Blumen sprechen!

Frucht und nichts als Frucht? Die Rebsorten Muskateller, Schönburger und Scheurebe zeigen, dass es auch anders geht.

Spätestens seit dem weltweiten Siegeszug des Sauvignon Blancs mit seinen wunderschönen Holunderblütenaromen steht zweifelsfrei fest, dass Florales und Weißwein hervorragend und kitschfrei zusammenpassen. Dieser Trend macht Schule.

Im gleichen Revier wie der Sauvignon Blanc jagt die Scheurebe ihre Aromen: Cassis, Tropenfrucht und die schon erwähnte Holunderblüte. Ihre Kritiker halten sie dabei für weniger expressiv. Ihre Fans lieben sie gerade für diese Ausgewogenheit. Beide allerdings würden zustimmen, dass Stephan Wernersbach eine der schönsten Scheureben des Landes macht. Der eigentlich für seinen geschliffenen Stil bekannte Rheinhesse konnte es im 2020er Jahrgang nicht verhindern, dass seine "Scheu" angenehm ausladend geraten ist.

Die nussigen Noten trägt der Muskateller schon im Namen. Neben einer saftigen gelben Frucht kann er zudem mit Aromen von Wildrosen brillieren. Ausgehend von Österreich erobert die uralte Rebsorte die Weinberge zurück – so auch am Kaiserstuhl. Dort lassen die Achkarrer Winzer den Muskateller mit Riesling im Duett antreten. Als dritter im Bunde kommen die Achkarrer Lavaböden ins Spiel, die zu dem schönen Namen "Vulkanblume" inspirierten. Auf ganze 24 Hektar Anbaufläche bringt es der Schönburger – eine Neuzüchtung, in die auch die aromastarke Muscat de Hambourg verwickelt war. Markus Brandt kann als vielleicht wichtigster Großaktionär der Rebsorte gelten. Für seine Cuvée "Grenzenlos" mixt er den Schönburger mit vier weiteren Trauben zu einem faszinierend floral-fruchtigen Gesamtkunstwerk.

Die frühherbstliche Küche mit Pilzen, Kürbis und Zwiebelkuchen bietet reichlich Anlass, Blumen in flüssiger Form sprechen zu lassen.


— Gotthard Scholz

(WEIN NEWS September 2021)