Wein Wissen Mineralik
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Die Wahrheit über Mineralität

Das Geschmacksempfinden ist eindeutig: Es gibt Weine, die eine salzige, kalkige oder steinige Note haben. Das Fachwort dafür ist Mineralität. Die berühmte Schiefernote der Moselrieslinge ist das Paradebeispiel. Bekannt auch der Feuersteinton eines Pouilly-Fumé von der Loire oder die Muschelkalk-Mineralität der fränkischen Silvaner. Die angebliche Erklärung dafür findet sich in jedem dritten Weintext: Die Wurzeln nehmen Mineralstoffe auf und diese werden in den Trauben eingelagert. Klingt plausibel, ist aber wissenschaftlich trotz intensiven Suchens nicht nachweisbar. Es finden sich schlicht keine bodentypischen Mineralien in den Trauben.

Mineralische Mythen

Allerdings sind wir heute deutlich weiter, bestimmte „mineralische“ Noten zu erklären. Lange Zeit wurde geglaubt, die Röstaromen der großen Chardonnays rühren von den besonderen Böden des Burgunds. Heute gehört es zum Allgemeinwissen, dass hier schlicht das Barrique, ein 225 l Eichenholzfass, seine Aromen an den Wein abgibt. Auch der Schweißgeruch von Rhône-Weinen, der früher ein inbrünstig gemurmeltes „Terroir“ bei Weintrinkern hervorlockte, gilt heute eher als Weinfehler. Die Holzfässer sind von einem Hefepilz namens Brettanomyces befallen, der besondere Geschmack wird deshalb kurz „Brett“ genannt.

Boden und Geschmack

Viele Beziehungen zwischen Boden und Geschmack sind erforscht. Nur geht es dabei nicht um Mineralität in den Trauben. Wasserspeichernde Ton- oder Lössböden machen Weine „fetter“ und fruchtbetonter – einfach, weil Rebstöcke und Trauben immer gut mit Wasser versorgt sind. Auf sandigen, gut drainierten Böden werden die Weine feiner, so sie nicht unter Trockenstress geraten. Und eine nährstoffreiche, biologisch belebte Humusschicht gilt heute als wesentlich für gesunde Reben und damit auch gesunde, aromareiche Trauben.

Mineralische Einbildung?

Wenn also ein wissenschaftlicher Zusammenhang zwischen Bodentyp und Mineralik des Weins nicht nachweisbar ist – bilden wir uns das alles ein? Definitiv nein. Es gibt Weinlagen, die einen spezifischen, wiederkehrenden und auch von Laien erkennbaren Geschmack hervorrufen. Die Einteilung in Rübenacker, Weinlage, Erste Lage und Große Lage hat definitiv eine Berechtigung. Nur das Warum ist nicht geklärt. Es bleibt also spannend.