Vom Kellerwäscher zum Milleniums-Wein - Montepuliciano aus Mittelitalien

Die Karriere des Montepulciano begann ganz unten im Supermarktregal. Heute gilt er als die Rebe mit dem vielleicht besten Preis-Genuss-Verhältnis – dank Winzern, die unbeirrt an seine Fähigkeiten geglaubt haben.

Der Montepulciano ist eine große Ausnahme. Umgekehrt, na klar, umgekehrt kennt man das zuhauf: Weine, deren schale Mittelmäßigkeit teuer bezahlt werden muss mit dem Verweis auf die einstige Größe und die Unkosten für die luxuriöse Villa. Aber dass sich eine Rebe hocharbeitet, stets mehr leistet als sie dafür verlangt und dazu noch die ganze Herzlichkeit der sanften mittelitalienischen Hügellandschaft verschenkt – das hat es noch nicht gegeben.

Der Montepulciano kommt aus dem einstigen italienischen Armenhaus, den agrarischen Landstrichen der Marken und Abruzzen. Weder Renaissance-Paläste noch römische Tempel wurden ihm als Erbe mitgegeben. Darum verdingte er sich über Jahrzehnte als Massenträger der großen Weinproduzenten. Schon damals wurden seine Talente geschätzt, aber nicht gefördert. Das musste er schon selber tun, bzw. heimische Winzerlegenden wie Quinto Fausti vom Weingut De Angelis in den Marken. Von dort stammt der Rosso Piceno DOC, eine Cuvée aus dem "toskanischen" und . "Früher stellte man bei uns den Sangiovese in den Vordergrund, weil ihn alle Welt für nobler hielt", erzählt Quinto Fausti. "Ich habe immer auf den Montepulciano gesetzt. Der hat deutlich mehr Statur, ist beeriger, saftiger und verfügt über ’gutes’ – also geschmeidiges – Tannin." Beim Rosso Piceno von De Angelis macht der Montepulciano mit 70% den Löwenanteil der Cuvée aus. Das Weingut Murola – ebenfalls aus den Marken – geht noch einen Schritt weiter. Bei ihrem "Teodoro", dem im Barrique gereiften Highend-Wein des Gutes, kann die Rebe hundertprozentig zeigen was sie kann. Dieser sinnensatte, überströmende Wein schließt qualitativ zu den ganz großen Gewächsen der und des auf.

Die eigentliche Heimat der Rebe sind die Abruzzen – jene mittelitalienische Region, die mit dem Gran Sasso nicht nur eines der unbekanntesten Hochgebirge Europa besitzt, sondern auch über einen Schatz exzellenter Weinberge verfügt. Hier haben sich vor allem die genossenschaftlichen Betriebe dafür stark gemacht, den Montepulciano der Anonymi tät zu entreißen. Allen voran die Cantina des Weinortes Tollo, die von der WEINWELT zur "besten Genossenschaft Italiens" gekürt wurde. Deren "Coordinate 42°" zeigt in Perfektion, welche Genusshöhen die Rebe bereits bei den Alltagsweinen zu erklimmen vermag. Komplettiert wird das Winzerquartett von Gaspare Lepore, einer der schillerndsten Winzerpersönlichkeiten der Region. Sein Montepulciano d’Abruzzo führt ein Kopf-an-Kopf- Rennen mit dem Rosso Piceno Superiore von De Angelis um den Titel "Herz Italiens". Der Montepul ciano vereint die Wärme des Südens mit der Frucht und Eleganz des Nordens der Apenninhalbinsel. Der Frühherbst ist die wohl schönste Zeit, um diesem Zauber zu erliegen. Am Besten mit unserem Montepulciano-Entdecker-Paket zum Bodennebel-Preis.

Gotthard Scholz

(WEIN NEWS Oktober 2013)