Geschliffen wie Kiesel

Weingut Antonutti

Adriana Antonutti vollbringt im ein Wunder: Sie gibt dem Flachen Tiefe. Wenn es flach wird, halte Dich an den Steinen fest. Für einen Bergwanderer klingt dieser Merksatz völlig sinnentleert, für Weintrinker ist er genussnotwendig. Seit Jahr und Tag sind Sie von uns das Loblied der Hügel-, Hoch- und Steillagen gewohnt, die beim Wein den Unterschied ausmachen. Und dann kommt man ins Grave del Friuli und alles ist – flach. Nun gut, Höhe ist relativ. Im ebenfalls allseits platten spricht man schon ab 15 Metern von "höheren Lagen". Aber ehrlich: das hilft nicht weiter. Der Vergleich mit dem Bordeaux hingegen ist gar nicht so schlecht. Denn dort gibt es das berühmte Anbaugebiet Graves, benannt nach dem Wort gravier – also Kiesel. Und ebensolche Kieselfelder, die zu den besten Terroirs für mineralisch geprägte Weißweine zählen, gibt es – flach hin oder her – auch im Grave (sic!) del Friuli.

Nun sind die Böden in diesem Teil des norditalienischen Friauls sehr heterogen. Fruchtbares Schwemmland, gut geeignet für Alltagsweine, und die raren Steinböden für die Spitzengewächse liegen oftmals direkt nebeneinander. Nur wenige Erzeuger hatten die Weitsicht und auch die notwendige Weinleidenschaft, sich in Zeiten der Massenproduktion diese ertragsarmen und schwer zu bebauenden Lagen zu sichern. Das Weingut Antonutti, seit 1921 in Familienbesitz, gehört dazu. Die Ernte dieses Generationenprojekts einfahren konnte dann das Ehepaar Adriana Antonutti und Lino Durandi, die das Gut heute leiten. Den beiden gebührt der Verdienst, das Wissen der Väter um die besten Lagen auch in exklusiv auf diesen Böden erzeugte Weine umzusetzen (nebenbei: ihre ebenfalls sehr empfehlenswerten Alltagsweine vermarkten sie unter dem Label Collevento 921). Freuen Sie sich also auf zwei der schönsten Italiens ihrer Klasse, so rund und geschliffen wie die Kiesel, auf denen die Reben wachsen.

Gotthard Scholz

(WEIN NEWS November 2014)