Genussreiches Versteckspiel

Solar de Cambres, Soc. Agrícola de Casal de Tonda und Casa Agricola Alexandre Relvas

Wie kann man ein kleines Land am Rande Europas, das es schafft jegliche Vokale aus der Sprache zu verbannen, ernst nehmen? Die Weine probieren!

Den portugiesischen Weinbau umweht stets etwas Geheimnisvolles. Während sich die globalisierte Rotwein-Welt auf , und verständigt hat, werden in meist schwer zu merkende Reben angebaut: Touriga Franca, Tinta Barroca, Trincadeira, Alicante Bouschet, Touriga Nacional, Tinta Roriz, Jaen oder Tinto Cão. Und selbst wenn man sie wiedererkennen könnte, wie die inzwischen weltbekannte , wird sie flugs als "Aragonez" versteckt – schon raffiniert, der Portugiese. Aber die Winzer sind auch stolz auf diese regionale Eigenständigkeit, die Genießer weltweit im Weinglas immer mehr schätzen. Drei Weingüter mögen als beredtes Beispiel dienen.

Solar de Cambres /
Der Douro-Fluss mit den typischen Terrassen ist inzwischen nicht nur für Portwein bekannt, sondern auch für tolle Rotweine. Einer der unermüdlichen Wegbereiter für diesen Imagewandel ist der Önologe Osvaldo Amado. Er gehört zu der ebenso seltenen wie sympathischen Spezies, die ihren Ruhm nicht an den hohen Preisen ihrer Weine messen. "Dass wir am Douro große Rotweine im Ultra-Premium- Segment haben, ist mittlerweile bekannt", sagt uns Osvaldo Amado. "Wonach ich strebe, sind Leuchttürme des bezahlbaren Genusses!" Mit der Reserva von der Casa de Cambres ist ihm das in beeindruckender Weise gelungen.

Casal de Tonda / Dão
Bereits im Jahr 1908, als in Portugal noch vorwiegend einfache Landweine gekeltert wurden, erhielt die Region Dão den Qualitätsweinstatus zugesprochen. Kein Wunder: Die kargen Granitböden ergeben – bei verschwindend geringen Hektarerträgen von nur 15–30 Hektolitern – Gewächse mit Kraft, Fülle und Substanz, die schon vor über 100 Jahren einen legendären Ruf genossen. Warum das so ist, können Sie mit dem "Grilos", benannt nach den zahlreichen Grillen, welche die weiten Naturlandschaften des Dão bevölkern, ganz leicht nachvollziehen: Einerseits ist er anschmiegsam, andererseits mit einer animierend Mineraltät ausgestattet – ein Klassetropfen in perfekter Balance!

Alexandre Relvas /
Wir von Rindchen sind dem Strukturfonds der Europäischen Union zutiefst dankbar. Dem ist es nämlich mit zu verdanken, dass sich der Unternehmer Alexandre Relvas Senior auf das Wagnis einließ, im strukturschwachen Alentejo ein Spitzenweingut zu gründen. Mit der Leitung des Gutes betraute er einen der jüngsten, gleichwohl besten Önologen des Landes: seinen Sohn Alexandre Relvas Junior. Der arbeitete nach seinem Weinbaustudium zunächst für Spitzengüter in Bordeaux und sagt: "Andere Länder meinten von Bordeaux zu lernen, indem sie kopierten. Was wir von Bordeaux lernen, ist, ganz auf unsere eigenen Reben und unsere Böden zu setzen." Und so schwer uns die autochthonen Traubennamen über die Lippen gehen, weil die portugiesische Sprache auch noch die Vokale scheut – so leicht fließen die Weine in die andere Richtung.

Wendelin Niedlich, Gerd Rindchen und Gotthard Scholz
(WEIN NEWS Dezember 2016)