Die Spur des Schiefers

Weingut Serre Romani

Die grandiosen Gewächse von Serre Romani vereinen dank ihres Terroirs Üppigkeit und Eleganz. Als wir zum ersten Mal völlig unvorbereitet, was uns hier erwarten würde,

die Weine von Serre Romani probierten, machte sich, ja, so etwas wie Ehrfurcht bei uns im Probenraum breit. Nicht die oft in südlichen Tropfen zu findende Opulenz war es, die uns hier faszinierte – sondern eine noble, kühle Stilistik, eine innere, steinige, vibrie-

rende Spannung, die diese Gewächse aus dem Norden des zu etwas ganz Besonderem macht.

Serre Romani, was im lokalen Sprachgebrauch "Rosmarinhügel" bedeutet, ist ein relativ junges Weingut und die Schöpfung zweier zutiefst beseelter Weinenthusiasten: Cylia und Laurent Pratx. Schon Laurents Vater hatte sich als Präsident der örtlichen Kooperative von Rivesaltes um den Weinbau der Region verdient gemacht. Laurent entdeckte nach erfolgreichem Önologiestudium und der Arbeit bei einigen der besten Winzer der Region die Faszination der uralten, tief im Schiefer wurzelnden - und Carignanrebstöcke und erkannte das enorme, darin schlummernde Potenzial. Er überredete seine Frau Cylia, gemeinsam den Sprung in die Selbständigkeit zu wagen und startete 2008 mit sechs Hektar Reben durch. Zugute kam ihm der Generationswechsel, der es ihm ermöglichte, bei alten, in Rente gehenden Weinbauern die allerbesten Parzellen mit den wertvollsten und ältesten Reben vergleichsweise günstig zu erwerben oder zu pachten. Das erklärt auch die, im Verhältnis zur Konzentration und Komplexität, bis heute nachgerade lächerlich niedrigen Preise seiner Weine – für auf vergleichbar einzigartigen Böden gewachsene oder müsste man ein Vielfaches hinblättern.

Drei überaus spannende Weine erzeugen Cylia und Laurent heute: Einen trockenen Grenache und einen trockenen Carignan aus alten Reben sowie einen phänomenalen Maury, einen "Doux Naturel" mit interessanter Geschichte: Arnaldus de Villanova, Arzt

am Hofe von Papst Clemens V. in Aragon, verstand sich auf die Destillation und Haltbar-machung von Wein. Er brachte den Destillationsapparat aus nach Südfrank-

reich und gilt heute als der Erste, der Eau de Vie, also destillierten Weingeist, den von Natur aus bereits alkoholreichen Weinen hinzufügte, um die Gärung zu stoppen und so den hohen Zuckergehalt zu erhalten. Die Bezeichnung "naturel" (natursüß) wird diesem Umstand gerecht. Im Unterschied zu den Portweinen dürfen im AOC Maury nur 10 Pro-

zent Eau de Vie hinzugefügt werden. Auch müssen die Grundweine mindestens 15 % Alkohol besitzen.

Ich war ja nie so ein Riesenfan dieser natursüßen . Aber der aus homöopathischen Hektarerträgen gewonnene Maury von Serre Romani hat mich schier überwältigt, sodass ich mir jetzt gerne einmal ein Gläschen zur hausgemachten Roquefort-Maury-Crème davon genehmige. Die Crème ist supereinfach gemacht: Einfach Roquefort und Maury vermengen, auf Cracker gestrichen mit leicht gekühltem Maury servieren – und Sie sind mit einem königlichen Tropfen bei Ihren Gästen König oder Königin!

Gerd Rindchen

(WEIN NEWS Oktober 2014)