"Le Midi": Alte Liebe rostet nicht

Weingut Cave de Générac

Im Jugendjargon wäre die Cave de Générac ein Uhu. Doch die Weine zeigen: sie ist mit 89 Lenzen springlebendig.

Zugegeben, die Sache ist zwiespältig – der römische Eroberungszug im Jahre 125 v. Chr. war sicher keine Menschenrechts-Demonstration. Dennoch pilgern Millionen von Touristen heute nach und stehen staunend vor den Amphitheatern in Arles, Orange und Nîmes oder den Aquädukten, allen voran der mächtig beeindruckende Pont du Gard.

Die Römer brachten auch etwas mit, das in Südfrankreich noch nicht so verbreitet, aber fester Bestandteil ihrer Kultur war: Wein. Jedenfalls fanden Archäologen in gallischen Abfallgräben jede Menge Amphoren. Der Gedanke in der Provincia Narbonensis Wein anzubauen, statt die schweren Amphoren aus Rom heranzuschleppen, lag nahe und wurde zügig in die Tat umgesetzt.

Heute leben wir mit den Ergebnissen dessen, was Historiker die Gallorömische Kultur nennen. Der 37 Jahre alte Cédric Drouet tut das mit Wonne. Er ist Winemaker der Cave de Générac und sagt: "Le Midi, der Süden Frankreichs, hat mich immer schon begeistert." Absolut genial seien hier die Bedingungen für qualitativ hochwertigen Weinbau: Kaum noch zählbare Sonnenscheinstunden, der Mistralwind mit seiner trocknenden Wirkung und die Kieselböden, die sowohl eine gute Drainage bieten als auch wie ein Wärmespeicher wirken. Und er ergänzt: "Geschichte und Tradition haben wir hier bei der Cave de Générac ohne Ende." In der Tat geht die "Cave" auf die Hundert zu: Bereits 1927 gründeten 56 wild entschlossene Weinbauern die Genossenschaft mitten in einer Wirtschaftskrise und schrieben bis heute eine Erfolgsgeschichte. Cédric Drouet, der seinen Abschluss als Diplom-Önologe in erwarb, arbeitete auf dem Weingut Clos du Val im kalifonischen Napa Valley und auf dem Stellenbosch-Weingut Warwick Estate, bevor er seine alte Liebe im Süden wieder beehrte. Vielleicht ist es dieser "internationale Blick" auf die traditionellen Rebsorten Marsanne, Roussanne, und , welche die Saveurs-du-Temps-Weine so anziehend macht. Und glücklicherweise benötigt man heute keine Legionen mehr – unter guten Nachbarn tut es eine freundliche Exportoffensive…

Wendelin Niedlich
(WEIN NEWS August 2016)