Loire - die vertraute Unbekannte

Grandiose Weine für den französischen Sommer

Auf tausend Kilometern Länge ergibt sich viel Raum für grandiose Weißweinentdeckungen.

Im Schlossgarten sitzen, den Blick auf Fluss und malerische Weinberge gerichtet, derweil im Glas ein erlesener lockt – so stellt man es sich hierzulande vor, das Leben an der . Im Großen und Ganzen kommt das auch hin. Nur, dass die Loire ein Strom ist, die Rebfläche knapp drei Vierteln des gesamten deutschen Bestands entspricht und sich lediglich in jeder sechsten Flasche Sauvignon Blanc findet. Mit anderen Worten, im Val de Loire lockt das Unbekannte. Wohlan!

Steuern wir direkt auf die geheimnisvolle Rebsorte zu, welche einst den Ruhm der Loire begründete. Chenin ist eine Offenbarung für alle, die neugierig auf andere Aromawelten sind. Einerseits salzig-straff , andererseits einladend dank Kernobst, Zitrus und Akazienblüte. Gute Chenins haben Alterungspotential und entwickeln dabei reife Quitten- und Honignoten. Geduld kann sich also lohnen, auch beim "Les Perruches" von Jean-Marc Gilet. Seine biologisch bewirtschafteten Reben stehen auf rarem Tuffstein in der Appellation Vouvray, nahe Tours.

Szenenwechsel ins Delta der Loire, südlich der Bretagne und nahe am Antlantik. Hier gibt der Muscadet den Ton an. Spitzenweine wie "La Fontaine" reifen lange auf der Hefe (sur Lie), was für ein Mehr an Finesse am Gaumen sorgt. Nicht umsonst gilt Muscadet als herausragender Begleiter zu Seefisch, schmeckt er doch wie ein langer, den Kopf frei machender Strandspaziergang.

Selbstverständlich wollen wir die eingangs erwähnten Loire-Sehnsüchte nicht enttäuschen und wünschen "Beauséjour" einen schönen Aufenthalt. Auf dem gleichnamigen Gut erzeugt Philippe Trotignon einen ebenso noblen wie fruchtstrotzenden Sauvignon Blanc, der wie ein Luftschloss über dem Gaumen schwebt.

—  Gotthard Scholz
(WEIN NEWS Juni 2021)