Voulez-vous Val de Loire avec moi? Liebhaber Weine aus dem Tal der Loire.

Domaine Beauséjour, Delaille, Domaine Franck Millet und Domaine de la Foliette

Die , Frankreichs zentraler Weinfluss, ist untrennbar mit der Rebsorte verbunden. Nirgendwo auf der Welt erstrahlt die aromagewaltige Rebe in so brillanter Schönheit.

Sie entspringt im südfranzösischen Massif Central, fließt nordwärts, schwenkt bei Orléans Richtung Westen und mündet südlich der Bretagne in den Atlantik. In ihrem Verlauf prägt die Loire eine Vielzahl von von unerreichter Nonchalance. Doch ihren Weltruhm verdankt sie der Rebsorte Sauvignon Blanc. Deren typische Aromen geben – wie es die subtile Sprache heutiger Sterneköche vornehm ausdrückt – voll auf die Fresse: Cassis, Zitrus, Stachelbeere, Tropenfrucht, Holunderblüte, frisch gemähtes Gras. Der Loire gebührt die Ehre, das Überbordende des Sauvignons mineralisch zu zähmen. Winzer wie Philippe Trotignon von der Domaine Beauséjour erzeugen Weine von nobler Eleganz, die wie Luftschlösser über dem Gaumen schweben.

Zwischen Orléans und Saumur reiht die Loire einige der schönsten Schlösser der Welt wie Perlen an ihren Ufern. Dabei spielt das Schloss Cheverny im Gründungsmythos von Rindchen's Weinkontor eine zentrale Rolle – machte doch hier ein 19-jähriger Weinhändler im Jahre 1978 erstmals in Frankreich Station. Und Fortuna war dem Goldjungen bei der spontanen Ortswahl nach durchfahrener Nacht hold: Die herausragenden Sauvignon Blancs von den raren Terrassenlagen der kleinen Appellation Cheverny AOC gelten heute als der Geheimtipp von der Loire. Dies unterstreicht die Goldmedaille für den 2018er "Vignes de Marnières" von Emmanuel und Thierry Delaille beim Concours Mondial du Sauvignon, der inoffiziellen Weltmeisterschaft dieser Rebsorte.

Um ein wenig am Mythos zu kratzen: Auf Gerd Rindchens dokumentiertem Einkaufszettel fand sich kein Sauvignon Blanc. Er war einfach zu früh dran, denn die heutige Weltrebe feierte ihre ersten zarten Erfolge damals gerade weit abseits der Schlösser in der tiefsten Weinprovinz, dem beschaulichen Sancerre.

Dort, am Oberlauf der Loire, wird die Rebsorte schon seit Jahrhunderten angebaut. Doch der traditionelle Fassausbau konnte ihre eigentlichen Stärken nicht zur Geltung bringen. Deshalb war es schlicht eine Sensation, als in Sancerre dank neuer Kellermethoden wie Stahltanks und Temperaturkontrolle erstmals die ganze Pracht der Primäraromen eines Sauvignon Blanc erstrahlte! Binnen kurzem wurde Sancerre zum Kultwein und die Rebsorte begann von hier ihren fulminanten Siegeszug. Zu Traube und Technik kommen die herausragenden, extrem kalkhaltigen Steillagen, denen ein Meister seines Fachs wie Franck Millet seinen ungemein facettenreichen, von mineralischer Noblesse und Tiefe geprägten Sancerre entlockt.

Und dann gibt es da noch den atlantischen Teil der Loire, das Muscadet im Mündungsgebiet bei Nantes. Hier gibt die Rebsorte Melon de Bourgogne den Ton an. Spitzen-Muscadets wie sie Denis Brosseau und Eric Vincent von der Domaine de la Foliette erzeugen, liegen lange auf der Hefe, was für ein Mehr an Finesse und diesen Hauch von Prickeln am Gaumen sorgt. Nicht umsonst gilt der "Clos de la Fontaine" als herausragender Begleiter von Fisch und Seafood, schmeckt er doch wie ein langer, den Kopf und den Gaumen frei machender Strandspaziergang.

Gotthard Scholz
(WEIN NEWS Juni 2019)