Cheverny: Die pure Brillanz

Delaille, Domaine du Salvard

Wenn einen die Vergangenheit einholt, kann das etwas ganz Wunderbares sein: zwei kostbare Schätze von der – einer charmant, einer sperrig – gilt es zu entdecken.

Als ich zum ersten Mal die Chevernys der Domaine du Salvard für Sie probierte, war ich aus zwei Gründen begeistert: Zum einen gehörte das, was da so verführerisch aus den Gläsern duftete, zum absolut Brillantesten, was ich jemals aus der -Hochburg Loiretal verkosten durfte. Zum anderen bedeutete es Nostalgie pur: Waren es doch einst Weine aus dieser kleinen, unbekannten 400 Hektar-Appellation unweit von Sancerre, die ich 1979 als allererste "Wochenend-Importe" der Firmengeschichte mit meinem VW-Bus Traugott II aus fernen Landen nach holte.

Aber während die Chevernys von damals eher bäuerliche Weine eines landwirtschaftlichen Mischbetriebes waren, wo die Hühner pickend zwischen den Leergutpaletten herumliefen, ist die Domaine du Salvard von etwas anderem Kaliber: Der qualitative Vorreiter der Region, wo die Brüder Thierry und Emmanuel Delaille den faszinierenden Facettenreichtum der Böden und Reben mit chirurgischer Präzision herausarbeiten. Die Weinberge werden mit höchstem Respekt vor Natur und Umwelt nach den Standards der "Agriculture raisonnée" bearbeitet, der Ertrag ist mit 40 Hektoliter pro Hektar ausgesprochen niedrig. Im Keller sorgen eine sehr sanfte Pressung der Moste und eine sorgfältige zwölftägige temperaturkontrollierte Vergärung mit anschließender Lagerung auf der Feinhefe bis zur Abfüllung für einen optimalen Erhalt der feinen Aromen. Das Ergebnis sind Gewächse, in denen sich Frucht, Eleganz und Mineralität perfekt die Waage halten: Große, vielschichtige Weißweine, die nur auf Grund des Geheimtippcharakters ihrer Herkunft deutlich günstiger zu haben sind als Sancerre, Pouilly Fumé & Co. Eine wunderschöne (Wieder-) Entdeckung; zwei echte Herzblutweine und für mich ein steter Quell der Freude, dass ich Ihnen diese perfekten kleinen Weißweinwunder jetzt hier anbieten kann.

Manchmal schaffen es Weine noch vor der offiziellen Präsentation durch die schiere Begeisterung einiger unserer Kontorleiter schon vorab auf prominente Plätze in den Verkaufscharts. Der Cheverny AC "Vignes des Marniéres" aus alten, wertvollen Rebanlagen ist so ein Kandidat: Weil einfach jeder, der ihn probiert hat, ihn toll findet und – so es sich um einen meiner Kollegen handelt – Ihnen den Wein fürderhin mit leuchtenden Augen verkauft.

Der Zweite ist Cheverny für Fortgeschrittene: Er stammt aus der uralten burgundischen Rebsorte Romorantin, die Francois I. im Jahr 1519 auf seinem Gut in der Gemeinde Romorantin anpflanzen ließ. Da die Sorte sehr empfindlich ist, gibt es weltweit nur noch rund 90 Hektar, ausschließlich in der Unter-Appellation Cour-Cheverny. Ein richtiger Charakterwein mit Mineralität, Säure und langer Haltbarkeit. Von diesem Kleinod der Weinbaukunst konnten wir leider nur 600 Flaschen ergattern – handeln Sie also schnell! Man reiche Ihnen, liebe Leser, und mir dazu ein Dutzend Austern und stoße mit mir darauf an, auch mal so etwas Sperriges, Unkommerzielles importiert zu haben!

Gerd Rindchen
(WEIN NEWS August 2014)