Streng geheimes Winzerglück

La Tour Penedesses

Da hat der Weingott Talent im Übermaß verteilt: La Tour Penedesses heißt das Gut – mit Rotweinen zum Niederknien.

Alexandre Fouque wohnt in der Rue Droite, also in der Rechten Straße. Nein, es gibt keine "Linke Straße", aber der Ort Faugères – eine gute Stunde westlich von Montpellier – ist wirklich sehr klein. So klein, dass sich das Google-Streetview-Auto nicht getraut hat, in die ganz schmale Rue Droite reinzufahren. Da ist dem neugierigen amerikanischen Unternehmen aber wirklich etwas ganz Wichtiges entgangen. Denn Alexandre Fouque ist ein hochbegabter Winzer, pardon, ein Wein-Kunsthandwerker, denn er selbst führt den Titel "Artisan Vigneron". Sein Weingut mit dem kurzen und einprägsamen Namen "Domaine La Tour Penedesses" gehört zu den besten Adressen im Languedoc.

Wer sich nun einen Künstlertypen vorstellt – spontan, impulsiv, aber leider organisatorisch unbegabt – liegt komplett falsch. Monsieur Fouque ließ zu Beginn dieses Jahrtausends eine wissenschaftliche Studie über das Potenzial jeder einzelnen Lage anfertigen – er wählte also gerade nicht die Wird-Schon-Methode, die man nicht nur in Frankreich Laissez-faire nennt. Ganz bestimmt trägt auch Ehefrau Gaelle zur Künstler-Erdung bei, die in ihrer freundlichen Bestimmtheit mit ihrem Gatten völlig einig ist: Nur die allerstrengste Selektion der Trauben – vollreif und kerngesund sind die Kriterien – bringt die allerbeste Qualität. Ganz grundsätzlich achten die beiden auf reduzierte Erträge zwischen 45 und fast lächerlichen 15 Hektoliter pro Hektar, damit jede einzelne Traube noch mehr Nährstoffe aus dem Boden erhält.

Der größte Schatz des Weingutes, das jetzt in der 11. Generation betrieben wird, sind die alten Rebstöcke, die schon von Natur aus nicht zu üppigem Austrieb und Wuchs neigen. Die -Reben stammen zum Teil von 1962 und sind damit die ältesten im ganzen Tal. Manche Carignan-Pflanzen feiern sogar schon ihren 60. Geburtstag! In Kombination mit dem vulkanischen Basaltboden ergeben sich Weine von immenser Mineralität und Konzentration, die im Languedoc an der Spitze stehen – zu Preisen, die für diese Qualität sensationell sind. Vielleicht wäre es besser, das nicht so an die große Glocke zu hängen. Nachher kauft sich Google kleinere Autos und fährt in die Rue Droite rein: Alle Welt weiß Bescheid, der Wein wird knapp und wir gucken in die Röhre. Also, pssst! Behalten Sie das bitte für sich!

Wendelin Niedlich
(WEIN NEWS Oktober 2016)